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Zum Aufnahmeanspruch in eine Gesamtschule
Beschluss des OVG Lüneburg vom 18.12.2008 - 2 ME 569/08 -
Vorinstanz VG Hannover vom 15.8.2008 - 6 B 3630/08 -

Leitsatz / Leitsätze

1. Der Zulassungsanspruch eines Schülers zu einer Gesamtschule findet seine Grenzen an der Aufnahmekapazität der Schule.

2. Die Aufnahmekapazität spiegelt sich im Klassenbildungserlass wider; die dort geregelte Klassenstärke ist Ausfluss pädagogischer Erfahrungswerte, bei welcher Klassenstärke der schulische Bildungsauftrag noch effizient verwirklicht werden kann.

3. Die Raumsituation als Voraussetzung der sächlichen Kapazität wird durch die Festlegung der Zügigkeit durch den Schulträger bestimmt.


Aus dem Entscheidungstext

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und auch fristgerecht begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Denn bei summarischer Prüfung der von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, ist durch die Aufnahme von 180 Schülern in den fünften Schuljahrgang der Antragsgegnerin deren Aufnahmekapazität erschöpft (1.). Da die Antragstellerin von der Antragsgegnerin nicht beanspruchen kann, dass Maßnahmen zur Kapazitätserhöhung ergriffen werden (2.), kommt es auf weitere Fragen wie etwa das Vorliegen von Verfahrensfehlern im durchgeführten Auswahlverfahren nicht entscheidungserheblich an (3.).

1. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein auf dem Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung folgender sowie auf § 59 Abs. 1 Satz 1 NSchulG fußender Zugangsanspruch zu einer Gesamtschule seine Grenze an der Kapazitätserschöpfung der Schule findet (vgl. § 59 a NSchulG) und sich das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen auf einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung reduziert, hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 (- 2 ME 601/07 -, NdsVBl. 2008, 109-112) ausgeführt:

"In der Rechtsprechung ist streitig, unter welchen Voraussetzungen ein Zugangsanspruch des Schülers seine Grenze an der Kapazität der Schule zur Aufnahme von Schülern findet und wann sich dieser Anspruch angesichts des Umstandes, dass die Schule - wie hier - vor Beginn des Aufnahmeverfahrens nicht über verbindlich festgelegte Kriterien der Schülerauswahl verfügt hat, auch im Hinblick auf etwaige Kapazitätserschöpfungen zu einem Anspruch auf eine (vorläufige) Aufnahme verdichtet (dazu a). In dem vorliegenden Fall ist die Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin nach den hier gegebenen Besonderheiten aber jedenfalls als noch nicht erschöpft anzusehen (dazu b).

a) Nach einer in der Rechtsprechung (OVG Bremen, Beschl. v. 25.9.1990 - 1 B 52/90 -, Leitsatz in SPE 133 Nr. 1 und juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 19.4.2000 - 2 B 10555/00 u. a. -, NVwZ-RR 2000, 680) und der Literatur (Niehues/Rux, a. a. O., Rdnr. 628) vertretenen Ansicht kann eine Schule, die das Zugangsrecht des die Aufnahme begehrenden Schülers verkürzt und die fehlende Möglichkeit einer Vergabe von Plätzen durch das zuständige Organ zu vertreten hat, eine etwaige Kapazitätsauslastung dem Schüler solange nicht entgegenhalten, wie die äußerste Grenze ihrer Funktionsfähigkeit nicht erreicht ist. Diese Grenze soll erst dann erreicht sein, wenn die Aufnahme weiterer Schülerinnen und Schüler zu offensichtlich unerträglichen Zuständen führt. Diese Ansicht stützt sich bei der Bestimmung der Kapazitätsgrenze von Schulen ersichtlich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (grundlegend Urt. v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 u. a. -, BVerfGE 33, 303 = NJW 1972, 1561) zur Frage der Erschöpfung der Kapazitäten von Hochschulstudiengängen. Dass durch die Aufnahme des Sohnes der Antragsteller die Verhältnisse bei der Antragsgegnerin zu derartigen offensichtlich unerträglichen Zuständen führen würden, ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der vorstehenden Auffassung hat insbesondere der zuvor für das Schulrecht zuständige 13. Senat des beschließenden Gerichts (vgl. Beschlüsse v. 8.10.2003 - 13 ME 343/03 -, NdsVBl. 2004, 102 = NVwZ-RR 2004, 258 und - 13 ME 342/03 -; ähnlich OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 5.8.2002 - 2 M 101/02 -, LKV 2003, 192 = Leitsatz in juris) widersprochen und ausgeführt, die genannte Konkretisierung der Kapazitätsgrenzen von Schulen verkenne die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Universität und Schule, die eine uneingeschränkte Übertragung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu numerus-clausus Studiengängen von Hochschulen auf Schulen verböten. Diese Ansicht betont die unterschiedlichen Bedingungen von Hochschule und Schule. Die Hochschule bilde beginnend mit den Anfangssemestern junge, volljährige Erwachsene aus, die an selbständiges wissenschaftliches Arbeiten herangeführt werden sollten, während das Schulverhältnis, insbesondere in dem Sekundarbereich I, durch den Klassenverband geprägt sei, in dem der einzelne Schüler der besonderen Aufmerksamkeit und Zuwendung der Lehrkraft bedürfe. Während die Wissensvermittlung an der Universität weitgehend in die Eigenverantwortung des Studenten falle, obliege dem Lehrer die Beobachtung und Kontrolle des Lernerfolges bei dem einzelnen Schüler. Dies erfolge innerhalb der Unterrichtsstunden im Gespräch, aber auch durch Kontrolle der mündlichen und schriftlichen Leistungen. Diese Aufsicht des Lehrers sei um so schwieriger und ineffektiver durchzuführen, je mehr Schüler sich in einem Klassenverband befänden. Die Rechte der Mitschüler würden beeinträchtigt, sofern über die Annahme eines weitgehend uneingeschränkten Zugangsanspruches einer Klasse mehr Schüler zugewiesen würden, als unter Beachtung allgemeiner pädagogischer Grundsätze für eine effektive Unterrichtsgestaltung vertretbar erscheine. Ein aus dem Recht auf Bildung erwachsener Zugangsanspruch zu einer bestimmten Schule müsse seine Grenze daher im Sinne praktischer Konkordanz am Bildungsanspruch der Mitschüler finden. Die Kapazitätsgrenze einer Schule sei mithin dann erreicht, wenn auf der Grundlage des Erlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums sowie der vorhandenen Raumkapazitäten die Bandbreiten für die Bildung von Klassen ausgeschöpft seien.

Der Senat neigt dazu, sich der Auffassung des 13. Senats anzuschließen. Dies hätte zur Folge, dass die Kapazitätsgrenzen entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach folgenden Grundsätzen zu bestimmen sind.

Nach § 59 a Abs. 4 NSchG ist die Aufnahmekapazität einer Gesamtschule überschritten, wenn nach Ausschöpfung der verfügbaren Mittel unter den personellen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten die Erfüllung des Bildungsauftrages der Schule nicht mehr gesichert ist. Als Grundlage für die Bestimmung der Aufnahmekapazität einer Schule sind voraussichtlich sowohl der Runderlass des Niedersächsischen Kultusministeriums „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen“ vom 9. Februar 2004 - SVBl. 2004, 128 - (dazu aa) als auch die Festlegung auf eine bestimmte Zügigkeit (dazu bb) heranzuziehen.

aa) Da der Verordnungsgeber noch nicht von der Ermächtigung des § 60 Abs. 1 Nr. 1 NSchG, das Aufnahmeverfahren in Schulen des Sekundarbereichs I zu regeln, Gebrauch gemacht hat, fehlt es insoweit an normierten objektiven Kriterien, die geeignet sind, das Recht aller Schülerinnen und Schüler auf Bildung in gleicher Weise zu beschränken. Im Übrigen erscheint es zweifelhaft, ob die Frage, ab welcher Schülerzahl oder Klassengröße ein sinnvoller Unterricht nicht mehr möglich ist, überhaupt vom Gesetz- und Verordnungsgeber abschließend und befriedigend zu beantworten ist. Denn diese Frage lässt sich nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung beantworten, bei der neben der Material- und Personalausstattung und den Räumlichkeiten der einzelnen Schule auch pädagogische Bewertungen und die Interessen der Mitschüler eine Rolle spielen (zweifelnd deshalb Niehues/Rux, a. a. O., Rdnr. 625). Daher erscheint die auch heute noch gängige und auch in dem vorliegenden Fall durch die Antragsgegnerin angewandte Praxis, die Kapazitätsgrenze pro Klasse auf der Grundlage des Runderlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 9. Februar 2004 festzustellen, nicht ermessensfehlerhaft. Denn die Obergrenze der für eine Klassenbildung maßgeblichen Schülerzahl markiert nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des 13. Senats insoweit in der Regel die Kapazitätsgrenze je Klasse. Der Runderlass stellt hiernach zwar keine bis zum Erlass einer Kapazitäts- und Aufnahmeverordnung fort geltende Übergangsregelung i. S. d. (inzwischen gestrichenen) § 183 NSchG a. F. dar, da er nicht den Zugang zu einer Schule, sondern die Verteilung der Lehrerstunden regelt. Ihm liegen aber pädagogische Erfahrungswerte zugrunde, die bei der Bestimmung der Kapazitätsgrenze und damit auch der Klassenstärke, bei welcher der Bildungsauftrag effizient noch verwirklicht werden kann und die Funktionsfähigkeit des Unterrichtsablaufs gesichert ist, herangezogen werden können und müssen. Es spricht Einiges dafür, diese Rechtsprechung, die zu der Frage der Aufnahmekapazität eines Gymnasiums ergangen ist, entsprechend für die Bestimmung der Aufnahmekapazität einer Integrierten Gesamtschule heranzuziehen.

Demnach dürfte die in Ziffer 3.1 des Runderlasses vom 9. Februar 2004 für die Klassen der Sekundarstufe I der Integrierten Gesamtschule vorgesehene Klassenstärke von höchstens 30 Schülerinnen und Schülern eine zulässige und rechtlich relevante Festlegung der Kapazitätsgrenze pro Klasse bilden.

Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus dem von dem Verwaltungsgericht angeführten Umstand ergeben, dass die Antragsgegnerin durch die Ansätze der Höchstzahlen des Runderlasses vom 9. Februar 2004 ohnehin nicht davor geschützt ist, im Verlauf eines Schuljahres aufgrund individueller Entscheidungen (freiwilliger Rücktritt, Ordnungsmaßnahmen, nachträglicher Wohnort- und damit Schulwechsel) über die Höchstzahlen hinausgehen zu müssen. Derartige individuelle Entscheidungen wirken sich auf die Bestimmung der Aufnahmekapazität nicht aus. Denn diese wird ausschließlich von der Zahl der für den betreffenden Schuljahrgang verfügbaren Plätze bestimmt. Daher ist ein pauschaler Kapazitätsabzug für mögliche Veränderungen der Schülerzahl nach Abschluss des Losverfahrens ebenso unzulässig wie das Freihalten von Plätzen für bestimmte Personen oder im Hinblick auf anhängige Widerspruchsverfahren (Littmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a. a. O., § 59 a Anm. 3.2)."

Die seinerzeit noch mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassene Frage, ob der Zugangsanspruch eines Schülers seine Grenze an der Kapazität der Schule zur Aufnahme von Schülern findet und ob diese Aufnahmekapazität nach dem Runderlass des Niedersächsischen Kultusministeriums „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemein bildenden Schulen“ (vom 9. Februar 2004 - SVBl. 2004, 128 -) zu bemessen ist, bejaht der Senat. Das Schulverhältnis ist durch den Klassenverband geprägt, in dem der Schüler der besonderen Aufmerksamkeit und Zuwendung des Lehrers bedarf. Während etwa die Wissensvermittlung an der Universität weitgehend in die Eigenverantwortung des Studenten fällt, obliegt dem Lehrer die Beobachtung und Kontrolle des Lernerfolgs bei dem einzelnen Schüler. Dies erfolgt innerhalb der Unterrichtsstunden im Gespräch, aber auch durch Kontrolle der mündlichen und schriftlichen Leistungen. Es liegt auf der Hand, dass diese Aufsicht des Lehrers um so schwieriger und ineffektiver durchzuführen ist, je mehr Schüler sich in einem Klassenverband befinden (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Oktober 2003, - 13 ME 343/03 -, NdsVBl. 2004, 102). Dem trägt der genannte Erlass mit seiner Festlegung eines Klassenfrequenzhöchstwertes von 30 Schülern pro Klasse Rechnung; dieser Erlass dient nicht allein haushaltsrechtlichen Zielsetzungen und solchen der Verteilung der Lehrerstunden auf die einzelnen Schulen, sondern soll auch als Ausfluss pädagogischer Erfahrungswerte, bei welcher Klassenstärke der schulische Bildungsauftrag noch effizient verwirklicht werden kann und die Funktionsfähigkeit des Unterrichtsablaufs noch gesichert ist, eine erfolgreiche Erziehungs- und Bildungsarbeit gewährleisten (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Oktober 2003, - 13 ME 342/03 -, Juris; vgl. zu einer vergleichbaren Regelung des nordrhein-westfälischen Landesrechts Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 29. September 2003, - 19 B 1923/03 -, DÖV 2004, 353).

Da die Antragsgegnerin unstreitig sämtliche der ihr zur Verfügung stehenden 180 Plätze mit Schülerinnen und Schülern im fünften Schuljahrgang besetzt hat, ist ihre Aufnahmekapazität erschöpft mit der Folge, dass ein Aufnahmeanspruch der Antragstellerin und damit ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sind.

Soweit die Vorinstanz aus der Entscheidung des Senats vom 19. Dezember 2007 (- 2 ME 601/07 -, a.a.O.) den Schluss ziehen will, dass es nicht zwingend auf die Schülerhöchstzahlen des Klassenbildungserlasses ankomme, verkennt sie, dass dies nach der genannten Entscheidung nur dann nicht der Fall ist, wenn "eine Schule selbst von den die Kapazitätsgrenze bestimmenden Richtwerten des Runderlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 9. Februar 2004 ab[weicht], indem sie in einzelnen Klassen weitere Schüler als geboten aufnimmt und damit die Grenze der für die Klassenbildung maßgeblichen Schülerzahl nach oben verlagert", da sie damit zeigt, "dass nach ihren Gegebenheiten die ihr verfügbaren personellen, sächlichen und fachspezifischen Mittel mit der dem Richtwert entsprechenden Klassenstärke noch nicht ausgeschöpft sind und die Erfüllung des Bildungsauftrages auch bei Aufnahme zusätzlicher Schüler - hier mindestens eines weiteren Schülers je Klasse - noch sichergestellt ist". Ist dieser, letztendlich aus dem Verbot, sich mit eigenem vorangegangenem Verhalten in treuwidriger Weise in Widerspruch zu setzen (§ 242 BGB), folgende Ausnahmefall hingegen nicht gegeben, verbleibt es bei den Schülerfrequenzhöchstwerten des Klassenbildungserlasses.

Unerheblich ist insoweit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch, dass nach dem Klassenbildungserlass die Schülerhöchstzahlen um bis zu eine Schülerin oder einen Schüler je Klasse überschritten werden können, was nach Ansicht der Vorinstanz deutlich mache, dass es sich bei den Schülerhöchstzahlen um keine starre Obergrenze handele (ähnlich auch Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 17. August 1992, - 19 B 3241/92 -, Juris). Die Aufnahme von mehr als 30 Schülern steht im Organisationsermessen der Schule und der Landesschulbehörde. Aus einer derartigen Entscheidung entspringen keine subjektiven Rechte, sondern allenfalls Rechtsreflexe auf Seiten der Schülerinnen und Schüler oder ihrer gesetzlichen Vertreter. Wäre es anders, würde die in dem genannten Erlass vorgesehene Höchstschülerzahl von 30 keinen Bestand mehr haben, weil Schülerinnen und Schüler sonst regelmäßig eine Aufnahme bis zu der absoluten Kapazitätsobergrenze von 31 verlangen könnten.

2. Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin nicht beanspruchen, dass Maßnahmen zur Kapazitätsausweitung - etwa durch Einrichtung eines weiteren Zuges der 5. Jahrgangsstufe - ergriffen werden.

Nach § 59 a Abs. 4 NSchG ist die Aufnahmekapazität einer Schule überschritten, wenn nach Ausschöpfung der verfügbaren Mittel und hier unter anderem auch der personellen und der sächlichen Gegebenheiten die Erfüllung des Bildungsauftrages der Schule nicht mehr gesichert ist. Vorliegend werden die sächlichen Gegebenheiten im Sinne des § 59 a Abs. 4 NSchulG maßgeblich durch die Festsetzung der Zügigkeit einer Schule durch den Schulträger bestimmt; eine von dem Verwaltungsgericht rein tatsächliche Bestimmung der sächlichen Gegebenheiten kommt nicht in Betracht (a]). Ferner ist nicht glaubhaft gemacht oder auch nur erkennbar, dass die personelle Ausstattung der Antragsgegnerin eine Beschulung von mehr als 180 Kindern im fünften Jahrgang zulassen würde (b]).

a) Zwar fällt unter das Kriterium der sächlichen Gegebenheiten auch die Raumsituation in der Schule (s. hierzu Bräth/Eickmann/Galas, NSchG, Kommentar, 5. Aufl. 2007, § 59 a Rdnr. 5; Littmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, Niedersächsisches Schulgesetz, Loseblattsammlung Wiesbaden, Stand: 31. Nachlieferung August 2008, § 59 a Anm. 3). Soweit zur Bestimmung der Raumsituation vertreten wird, dass diese allein tatsächlich zu bestimmen sei mit der Folge, dass den von den zuständigen Entscheidungsgremien des Schulträgers getroffenen Entscheidungen über die Zügigkeit der Schulen im Rahmen der Kapazitätsermittlung keine rechtlich verbindliche Wirkung zukomme (so Littmann, a.a.O., Anm. 3.2 zu § 59 a NSchulG unter Hinweis auf die - allerdings zu allgemein bildenden Gymnasien, für die § 59 a NSchulG schon von seinem Wortlaut her nicht gilt -, ergangene Entscheidung des VG Hannover, Beschluss vom 19. August 2005, - 6 B 4154/05 -, Juris), tritt dem der Senat nicht bei. Die Frage der Bedeutung der Festsetzung der Zügigkeit durch den Schulträger für die Bestimmung der Kapazität hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 (- 2 ME 601/07 -, a.a.O.) zwar mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen, aber insoweit ausgeführt:

"Ungeachtet dessen ist der 13. Senat des beschließenden Gerichts in seiner dargestellten Rechtsprechung von der von dem Schulträger festgesetzten Zügigkeit als verbindliche Festlegung ausgegangen, ohne die von dem Verwaltungsgericht geäußerten Zweifel zu hegen. Entsprechendes dürfte für die hier in Frage stehende Schulform der Integrierten Gesamtschule gelten. Denn nach 59 a Abs. 4 NSchG ist die Aufnahmekapazität einer Schule überschritten, wenn nach Ausschöpfung der verfügbaren Mittel unter anderem auch der sächlichen Gegebenheiten die Erfüllung des Bildungsauftrages der Schule nicht mehr gesichert ist. Unter dieses Kriterium fällt die tatsächliche Raumsituation in der Schule (s. hierzu Bräth/Eickmann/Galas, NSchG, Kommentar, 5. Aufl. 2007, § 59 a Rdnr. 5; Littmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a. a. O., § 59 a Anm. 3). Für die Vorhaltung der erforderlichen Schulanlagen ist nach § 101 NSchG der Schulträger zuständig; die Schulträgerschaft gehört nach Abs. 2 dieser Vorschrift zu dem eigenen Wirkungskreis des Schulträgers. Aus § 108 Abs. 1 Satz 1 NSchG ergibt sich die Pflicht des Schulträgers, die erforderlichen Schulanlagen zu errichten und mit der notwendigen Einrichtung auszustatten. Zur Ermittlung des Raumbedarfs hat er - im Benehmen mit der Schulbehörde - ein Raumprogramm aufzustellen (§ 108 Abs. 2 NSchG)."

Die seinerzeit offen gelassene Frage entscheidet der Senat nunmehr dahingehend, dass die Raumsituation und damit die Kapazität der Schule im Sinne des § 59 a Abs. 1 NSchulG entscheidend durch die Festlegung der Zügigkeit der Schule durch den Schulträger bestimmt wird (so auch Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 17. August 1992, - 19 B 3241/92 -, Juris). Hierfür sprechen sowohl systematische Gründe (aa) als auch solche des Wesens der kommunalen Selbstverwaltung (bb).

(aa) Aus systematischer Sicht ist anzuführen, dass für die Vorhaltung der erforderlichen Schulanlagen nach § 101 Abs. 1 NSchG der Schulträger zuständig ist; die Schulträgerschaft gehört nach Abs. 2 dieser Vorschrift zu dem eigenen Wirkungskreis des Schulträgers. Aus § 108 Abs. 1 Satz 1 NSchG ergibt sich die Pflicht des Schulträgers, die erforderlichen Schulanlagen zu errichten und mit der notwendigen Einrichtung auszustatten. Zur Ermittlung des Raumbedarfs hat er - im Benehmen mit der Schulbehörde - ein Raumprogramm aufzustellen (§ 108 Abs. 2 NSchG). Die Erfüllung der durch diese Vorschriften den Schulträgern auferlegten Aufgaben kann gegebenenfalls mit den Mitteln der Kommunalaufsicht nach den Bestimmungen der NGO bzw. der NLO durchgesetzt werden (Schippmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a.a.O., § 108 Anm. 1). Der Umfang des erforderlichen Raumprogramms ergibt sich mittelbar aus § 106 NSchulG: Nach Absatz 1 der Norm sind die Schulträger verpflichtet, Schulen nach Maßgabe des Bedürfnisses zu errichten, zu erweitern, einzuschränken, zusammenzulegen, zu teilen oder aufzuheben. Ob ein Bedürfnis nach Absatz 1 besteht, stellt nach Absatz 3 Satz 1 des § 106 NSchulG die Schulbehörde im Benehmen mit dem Schulträger insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schülerzahlen, des vom Schulträger zu ermittelnden Interesses der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler sowie der Ziele des Schulentwicklungsplans fest; die Maßnahmen stehen nach § 106 Abs. 6 Satz 1 NSchulG unter dem Genehmigungsvorbehalt der Schulbehörde. Durch die Festlegung der Zügigkeit gibt der Schulträger zu erkennen, für welchen von ihm gesehenen Bedarf er Schulanlagen vorhält.

Parallel zu diesen Vorschriften und mit ihnen verwoben regeln § 26 NSchulG sowie die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung (VO-SEP vom 19. Oktober 1994, NdsGVBl. Seite 460, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Februar 2008, NdsGVBl. Seite 78) die Schulentwicklungsplanung als ein Instrument staatlich-kommunaler Lenkung und Steuerung des Schulwesens, mit dem der Staat die ihm nach Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Niedersächsische Verfassung obliegende Aufsicht über das Schulwesen erfüllt (Schippmann, a.a.O., § 26 Anm. 1). Diese den Landkreisen und kreisfreien Städten gesetzlich übertragene Planungsaufgabe ist eine solche des übertragenen Wirkungskreises; die kommunalen Planungsbehörden sind an die Weisungen der für die Genehmigung zuständigen staatlichen Stellen gebunden (Schippmann, a.a.O., Rn. 2.1). § 3 VO-SEP enthält insoweit Festlegungen zur Mindest- und Höchstzügigkeit der jeweiligen Schulform, innerhalb deren Bandbreite der Schulträger eine den Bedarf deckende Entscheidung über die konkrete Zügigkeit treffen kann.

Die genannten Vorschriften geben den Rahmen vor, der der Kapazitätsermittlung zugrunde zu legen ist; in ihrer Summe geben sie dem Schulträger ein Planungs- und Abstimmungsprogramm mit der Schulbehörde auf, innerhalb dessen der Beschluss des Schulträgers über die Zügigkeit einer Schule die im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung getroffene Entscheidung über die Kapazität der Schule in räumlicher Hinsicht konkretisiert. Diese Vorschriften wären zumindest in weiten Teilen überflüssig, wenn parallel und/oder den auf ihrer Grundlage getroffenen Entscheidungen sogar zuwiderlaufend eine autonome Entscheidung der jeweiligen Schule über ihre eigene Zügigkeit möglich wäre; eine solche wäre mit dem zuvor genannten gesetzgeberischen Gesamtkonzept nicht vereinbar.

(bb) Gegen eine autonome Bestimmung ihrer Zügigkeit durch die jeweilige Schule selbst spricht auch die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Gemäß Art. 57 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung verwalten die Gemeinden und Landkreise in ihrem Gebiet ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Den Gemeinden und Landkreisen ist hierdurch von Verfassungs wegen ein grundsätzlich alle örtlichen Angelegenheiten umfassender Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zuerkannt (BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 1969, - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228 ff.). Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Landes. Diese Vorschrift hat Auswirkungen auf die Bestimmung des Bereichs kommunaler Selbstverantwortung (BVerfG, a.a.O.). Zur Schulaufsicht gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schulen insbesondere über die genannten Einwirkungsmechanismen wie die Schulentwicklungsplanung oder das Weisungsrecht zu. Der Landesgesetzgeber hat in Niedersachsen die Wahrnehmung der Schulträgerschaft den Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises der Schulträger zugeordnet (§ 101 Abs. 2 NSchulG).

Hat in Anwendung dieser Vorschriften der Schulträger im Rahmen seiner kommunalen Selbstverwaltung und jedenfalls im Benehmen mit der Schulbehörde eine Entscheidung über die Zügigkeit getroffen, so würde es eine Verkennung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung darstellen, wenn man ihr im Rahmen der Kapazitätsbestimmung keinerlei Bedeutung beimessen würde.

Ob die Festlegung der Zuständigkeit durch den Schulträger inzident im Rahmen der Kapazitätsüberprüfung durch die Verwaltungsgerichte überprüft werden kann und muss, und/oder ob die Entscheidung des Schulträgers über die Zügigkeit im Verwaltungsrechtsweg eigenständig überprüfbar und durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sicherbar ist (so Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 17. August 1992, - 19 B 3241/94, Juris [ Rn. 35 ff]), kann vorliegend offen bleiben. Denn die Antragstellerin hat nicht vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, dass die zugrunde zulegende Entscheidung des Schulträgers, die Antragsgegnerin im fünften Schuljahrgang sechszügig zu führen, unter Berücksichtigung der vorhandenen Raumkapazitäten der Antragsgegnerin und des im Übrigen im Gebiet des Schulträgers vorhandenen Schulangebots sowie den Vorgaben des Schulentwicklungsplanes ermessensfehlerhaft dahingehend wäre, dass - im Sinne einer Ermessensreduktion auf Eins - nur eine Erhöhung der Zügigkeit als einzig rechtmäßige Entscheidung verbliebe.

b) Begründungsalternativ und insoweit selbständig tragend fehlt es auch deswegen an einem Anordnungsanspruch, weil die Antragstellerin jedenfalls nicht glaubhaft gemacht hat, dass aufgrund der der Antragsgegnerin zugewiesenen Lehrerstunden der Antragsgegnerin eine personelle Ausstattung zur Verfügung steht, die über die im fünften Schuljahrgang aufgenommenen 180 Schulkinder hinaus eine Beschulung der Antragstellerin zulassen würde. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz obliegt es insoweit nicht der Antragsgegnerin, ihre Ausstattung mit Lehrerstunden darzustellen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft macht (§ 920 ZPO in Verbindung mit § 123 Abs. 3 VwGO), dass die personellen Gegebenheiten im Sinne des § 59 a Abs. 4 NSchulG bei der Antragsgegnerin eine weitere Kapazität erkennen lassen. Die diesbezügliche Ansicht der Vorinstanz, dass bei einem ansonsten bestehenden Aufnahmeanspruch "die Pflicht des Landes, die Schulen mit der erforderlichen Anzahl von Lehrkräften auszustatten (vgl. § 112 NSchulG), grundsätzlich dem tatsächlichen Lehrkräftebedarf der jeweiligen Schule folgt und ein Minus im Bereich der Lehrer-Sollstunden somit regelmäßig ausgeglichen werden muss", verkennt zum einen, dass maßgeblich für die Beurteilung sämtlicher der kumulativ zu erfüllenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 59 a Abs. 4 NSchulG grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist, sodass künftige - ungewisse - Zuweisungsentscheidungen für Lehrerstunden bei der Rechtsanwendung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung außer Betracht zu bleiben haben. Zum anderen wäre bei dieser Sichtweise das Tatbestandsmerkmal der personellen Gegebenheiten in § 59 a Abs. 4 NSchulG weitgehend obsolet, da personelle Fehlbestände in jedem Fall künftig auszugleichen und deswegen auch nicht als Tatbestandsmerkmal zu prüfen wären.

3. Damit kommt es auf weitere Fragen wie etwa das Vorliegen von Verfahrensfehlern im durchgeführten Auswahlverfahren nicht mehr entscheidungserheblich an. Denn ist die Kapazität der Antragsgegnerin erschöpft, so kann ein Anspruch auf Aufnahme der Antragstellerin nicht bestehen, zumal die bereits ausgewählten und beschulten 180 Schülerinnen und Schüler eine Vertrauensschutz genießende Rechtsposition innehaben.

Der Vollständigkeit halber merkt der Senat jedoch an, dass er das Auswahlverfahren aus den von dem Verwaltungsgericht genannten Gründen für fehlerhaft hält. Ferner kann hier offen bleiben, ob die von dem Schulleiter der Antragsgegnerin vorgenommene Delegation seiner Zuständigkeit zur Durchführung des Auswahlverfahrens vorgesehen ist oder nicht. Ob derartige Fehler im Auswahlverfahren künftig dazu führen müssen, dass die kapazitätsausfüllend ausgewählten und beschulten Schüler eines Jahrgangs durch eine Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) in das Verfahren einbezogen werden müssen, um die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG für die eine vorläufige Aufnahme im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes begehrenden Schülerinnen und Schüler zu sichern, kann vorliegend offen bleiben.

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