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Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG)
vom 19.01.2005 (Nds.GVBl.2/2005 S.9), geändert durch Art. 1 des ÄG v. 25.11.2007 (Nds.GVBl.37/2007 S.654), Art. 2 Gesetzes v. 14.12.2007 (Nds.GVBl.41/2007 S.720), Art. 5 des Gesetzes vom 16.1.2009 (Nds.GVBl. Nr.1 S.2), Art.2 des Gesetzes v. 25.3.2009 (Nds.GVBl. Nr.6/2009 S.72), Art. 2 des Gesetzes v. 7. Oktober 2010 (Nds.GVBl. Nr.24/2010 S.465), Art. 7 des Gesetzes v. 13.10.2011 (Nds.GVBl. Nr.24/2011 S.353), Art. 3 des Gesetzes v. 12.12.2012 (Nds.GVBl. Nr.32/2012 S.566), Art. 1 und Art. 5 des Gesetzes v. 19.6.2013 (Nds.GVBl. Nr.10/2013 S.158), Art. 2 des Gesetzes vom 23.7.2014 (Nds.GVBl. Nr.14/2014 S.211), Art. 3 des Gesetzes vom 22. Oktober 2014 (Nds. GVBl. Nr. 21/2014 S. 291), Artikel 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2014 (Nds. GVBl. S. 436), Art. 7 des Gesetzes v. 17.9.2015 (Nds. GVBl. Nr.14/2015 S. 186), Art. 2 § 6 des Gesetzes v. 12.11.2015 (Nds. GVBl. Nr.19/2015 S. 307), Art. 2 des Gesetzes vom 6.4.2017 (Nds. GVBl. Nr.6/2017 S. 106) und Art. 2 des Gesetzes vom 16.5.2018 (Nds. GVBl. Nr. 6/2018 S. 66) - VORIS 21011 10 -

I n h a l t s ü b e r s i c h t

E r s t e r    T e i l
Aufgaben, Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich

§    1 Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei
§    2 Begriffsbestimmungen
§    3 Geltungsbereich

Z w e i t e r   T e i l
Allgemeine Vorschriften

§    4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§    5 Ermessen; Wahl der Mittel
§    6 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
§    7 Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Tieren ausgehen, oder für den Zustand von Sachen
§    8 Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen
§    9 Verantwortlichkeit nach anderen Vorschriften
§  10 Einschränkung von Grundrechten

D r i t t e r   T e i l
Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei

1.   Abschnitt
Allgemeine und besondere Befugnisse

§  11 Allgemeine Befugnisse
§  12 Befragung und Auskunftspflicht
§  13 Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen
§  14 Kontrollstellen
§  15 Erkennungsdienstliche Maßnahmen
§  15a Molekulargenetische Untersuchungen zur Identitätsfeststellung
§  16 Vorladung
§  17 Platzverweisung, Aufenthaltsverbot
§  18 Gewahrsam
§  19 Richterliche Entscheidung
§  20 Behandlung fest gehaltener Personen
§  21 Dauer der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung
§  22 Durchsuchung und Untersuchung von Personen
§  23 Durchsuchung von Sachen
§  24 Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
§  25 Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen
§  26 Sicherstellung
§  27 Verwahrung
§  28 Verwertung, Vernichtung
§  29 Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses; Kosten

2.   Abschnitt
Befugnisse zur Datenverarbeitung

§ 30 Grundsätze der Datenerhebung
§ 31 Datenerhebung
§ 32 Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel bei öffentlichen Veranstaltungen und im öffentlichen Raum
§ 33 Aufzeichnung von Verkehrsdaten mit Einwilligung der Anschlussinhaberin oder des Anschlussinhabers
§ 33a Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation
§ 33b Geräte- und Standortermittlung, Unterbrechung der Telekommunikation
§ 33c Auskunftsverlangen
§ 34 Datenerhebung durch längerfristige Observation
§ 35 Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen
§ 35a Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in Wohnungen
§ 36 Datenerhebung durch die Verwendung von Vertrauenspersonen
§ 36a Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittlerinnen oder Verdeckter Ermittler
§ 37 Kontrollmeldung
§ 37a Parlamentarische Kontrolle
§ 38 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten, Zweckbindung
§ 39 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken
§ 39a Löschung
§ 40 Allgemeine Regeln der Datenübermittlung
§ 41 Datenübermittlung zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden
§ 42 Automatisiertes Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlung
§ 42a Regelmäßige Übermittlung von Meldedaten
§ 43 Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen
§ 44 Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, Bekanntgabe an die Öffentlichkeit
§ 45 Datenabgleich
§ 45a Datenabgleich mit anderen Dateien
§ 46 Dateibeschreibung
§ 47 Prüffristen
§ 48 Anwendung des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes
§ 49 - aufgehoben -

V i e r t e r   T e i l
Vollzug

§ 50 Verwaltungsvollzugsbeamtinnen, Verwaltungsvollzugsbeamte
§ 51 Vollzugshilfe
§ 52 Verfahren bei Vollzugshilfeersuchen
§ 53 Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

F ü n f t e r   T e i l
Verordnungen

§ 54 Anwendung
§ 55 Verordnungsermächtigung
§ 56 - aufgehoben -
§ 57 Inhalt
§ 58 Formvorschriften
§ 59 Zuwiderhandlungen
§ 60 Verkündung und In-Kraft-Treten
§ 61 Geltungsdauer
§ 62 Änderung und Aufhebung von Verordnungen durch die Fachaufsicht
§ 63 Gebietsänderungen; Neubildung von Behörde

S e c h s t e r   T e i l
Zwang

1.   Abschnitt
Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen

§ 64 Zulässigkeit, Zuständigkeit, Wirkung von Rechtsbehelfen
§ 65 Zwangsmittel
§6 6 Ersatzvornahme
§ 67 Zwangsgeld
§ 68 Ersatzzwangshaft
§ 69 Unmittelbarer Zwang
§ 70 Androhung der Zwangsmittel

2.   Abschnitt
Ausübung unmittelbaren Zwangs

§ 71 Rechtliche Grundlagen
§ 72 Handeln auf Anordnung
§ 73 Hilfeleistung für Verletzte
§ 74 Androhung unmittelbaren Zwangs
§ 75 Fesselung von Personen
§ 76 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
§ 77 Schusswaffengebrauch gegen Personen
§ 78 Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge
§ 79 Besondere Waffen, Sprengmittel

S i e b e n t e r   T e i l
Schadensausgleich, Erstattungs- und Ersatzansprüche

§ 80 Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände
§ 81 Inhalt, Art und Umfang des Schadensausgleichs
§ 82 Ansprüche mittelbar Geschädigter
§ 83 Verjährung des Ausgleichsanspruchs
§ 84 Ausgleichspflichtige; Erstattungsansprüche
§ 85 Rückgriff gegen Verantwortliche
§ 86 Rechtsweg

A c h t e r   T e i l
Organisation der Polizei und der Verwaltungsbehörden

1.   Abschnitt
Polizei

§ 87 Polizeibehörden
§ 88 - aufgehoben -
§ 89 - aufgehoben -
§ 90 Polizeidirektionen
§ 91 - aufgehoben -
§ 92 - aufgehoben -
§ 93 - aufgehoben -
§ 94 Aufsicht über die Polizeibehörden
§ 95 Hilfspolizeibeamtinnen, Hilfspolizeibeamte

2.   Abschnitt
Verwaltungsbehörden

§ 96 - aufgehoben -
§ 97 Sachliche Zuständigkeiten der Verwaltungsbehörden
§ 98 Aufsicht über die Verwaltungsbehörden
§ 99 Gefahrenabwehr außerhalb der Dienstzeit

N e u n t e r   T e i l
Zuständigkeiten

§ 100 Örtliche Zuständigkeit, außerordentliche örtliche Zuständigkeit
§ 101 - aufgehoben -
§ 102 Außerordentliche sachliche Zuständigkeit
§ 103 Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anderer Länder und des Bundes sowie von Bediensteten ausländischer Staaten
§ 104 Amtshandlungen von niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landes Niedersachsen

Z e h n t e r   T e i l
Kosten; Sachleistungen

§ 105 Kosten
§ 106 Sachleistungen
§ 107 Entschädigung für Sachleistungen
 §108 Verletzung der Leistungspflicht

E l f t e r   T e i l
Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 109 Zuständigkeiten, Verwaltungsakte und Verordnungen nach bisherigem Recht
§ 110 Zuständigkeit in Altversorgungsfällen
§ 111 Erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen Beschuldigte
§ 112 - aufgehoben -
§ 113 - aufgehoben -

E r s t e r    T e i l
Aufgaben, Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich

§ 1
Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei

(1) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei haben gemeinsam die Aufgabe der Gefahrenabwehr. 2Sie treffen hierbei auch Vorbereitungen, um künftige Gefahren abwehren zu können. 3Die Polizei hat im Rahmen ihrer Aufgabe nach Satz 1 insbesondere auch Straftaten zu verhüten.

(2) 1Die Polizei wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 tätig, soweit die Gefahrenabwehr durch die Verwaltungsbehörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. 2Verwaltungsbehörden und Polizei unterrichten sich gegenseitig, soweit dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist.

(3) Der Schutz privater Rechte obliegt den Verwaltungsbehörden und der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne verwaltungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(4) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 51 bis 53).

(5) Die Polizei hat ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.

§ 2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
a) Gefahr:
eine konkrete Gefahr, das heißt eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird;
b) gegenwärtige Gefahr:
eine Gefahr, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht;
c) erhebliche Gefahr:
eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter;
d) Gefahr für Leib oder Leben:
eine Gefahr, bei der eine nicht nur leichte Körperverletzung oder der Tod einzutreten droht;
2. abstrakte Gefahr:
eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine Gefahr (Nummer 1) darstellt;
3. Maßnahme:
Verordnungen, Verwaltungsakte und andere Eingriffe;
4. Gefahr im Verzuge:
eine Sachlage, bei der ein Schaden eintreten würde, wenn nicht an Stelle der zuständigen Behörde oder Person eine andere Behörde oder Person tätig wird;
5. Polizei:
die Polizeibehörden (§ 87 Abs. 1) sowie für sie die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten (Nummer 6) und die Hilfspolizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamte (§  95);
6. Polizeibeamtin oder Polizeibeamter:
eine Beamtin oder ein Beamter im Polizeivollzugsdienst, die oder der allgemein oder im Einzelfall zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ermächtigt ist;
7. Verwaltungsbehörde:
die nach § 97 zuständigen Verwaltungsbehörden sowie für sie die Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamten;
8. Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamte:
im Dienst einer Verwaltungsbehörde stehende oder sonst von ihr weisungsabhängige Personen, die allgemein oder im Einzelfall zum Vollzug von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch Bestellung ermächtigt sind;
9. Straftat:
eine den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichende rechtswidrige Tat;
10. besonders schwerwiegende Straftat:
a) die Bildung einer kriminellen Vereinigung in den Fällen des § 129 Abs. 4 des Strafgesetzbuchs (StGB) und die Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB, ausgenommen die Fälle des § 129a Abs. 3 StGB, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB,
b) eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach § 176 Abs. 1 und 2, § 176a Abs. 3, § 177 Abs. 2 bis 4, § 179 Abs. 5 und 7 und § 184b Abs. 3 StGB,
c) Mord nach § 211, Totschlag nach § 212 StGB und schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 2 StGB,
d) eine Straftat gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 233, 233a Abs. 2, §§ 234, 234a, 239a und 239b StGB,
e) eine gemeingefährliche Straftat nach § 306 Abs. 1, § 306a Abs. 1 und 2, § 307 Abs. 1 bis 3, § 308 Abs. 1 und 4, § 309 Abs. 1, § 310 Abs. 1, § 313 Abs. 1, § 314 Abs. 1, § 315 Abs. 3, §§ 316a, 316b Abs. 3 und § 316c StGB,
f) schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften nach § 330a Abs. 1 und 3 StGB,
g) Völkermord nach § 6 des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB), ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7 VStGB oder ein Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12 VStGB,
h) eine Straftat nach § 19 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1, § 20a Abs. 1 und 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, und nach § 22a Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
i) eine Straftat nach § 51 Abs. 2 und § 52 Abs. 5 des Waffengesetzes,
j) eine Straftat nach § 30a Abs. 1 und 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), auch in Verbindung mit § 30b BtMG und mit § 129 Abs. 4 StGB, und
k) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern nach § 97 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes;”.
11. Straftat von erheblicher Bedeutung:
a) eine Straftat nach Nummer 10,
b) ein Verbrechen, mit Ausnahme einer Straftat nach den §§ 154 und 155 StGB,
c) ein Vergehen nach den §§ 85, 87 bis 89, 98, 99, 129, 129a Abs. 3, §§ 130, 174 bis 176, 179, 180 Abs. 2 und 3, §§ 180a, 181a Abs. 1, § 182 Abs. 1, § 184b Abs. 1 und 2, §§ 303b, 305, 305a, 315 Abs. 1, 4 und 5, §§ 316b und 317 Abs. 1 StGB und ein in § 138 Abs. 1 StGB genanntes Vergehen,
d) ein banden- oder gewerbsmäßig begangenes Vergehen sowie
e) die Teilnahme an einer Straftat nach den Buchstaben a bis d;”.
12. Kontakt- oder Begleitperson:
eine Person, die mit einer anderen Person, von der Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese eine Straftat begehen wird, in einer Weise in Verbindung steht, die erwarten lässt, dass durch sie Hinweise über die angenommene Straftat gewonnen werden können, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person insbesondere von der Planung oder der Vorbereitung der Straftat oder der Verwertung der Tatvorteile oder von einer einzelnen Vorbereitungshandlung Kenntnis hat oder daran wissentlich oder unwissentlich mitwirkt.

§ 3
Geltungsbereich

(1) 1Die Vorschriften dieses Gesetzes finden Anwendung bei

  1. der Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1 bis 4),
  2. der Erfüllung anderer der Polizei übertragenen Aufgaben (§ 1 Abs. 5).

2Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts, in denen die Gefahrenabwehr oder die anderen Aufgaben besonders geregelt werden, gehen diesem Gesetz vor. 3Soweit die besonderen Vorschriften keine abschließenden Regelungen enthalten, ist dieses Gesetz ergänzend anzuwenden.

(2) Bei der Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten finden die Vorschriften in § 16 Abs. 4 über die Entschädigung von Personen und in den §§ 72 bis 79 über die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwangs Anwendung, soweit die Strafprozessordnung keine abschließenden Regelungen enthält.

Z w e i t e r   T e i l
Allgemeine Vorschriften

§ 4
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Verwaltungsbehörde oder die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder es sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

§ 5
Ermessen; Wahl der Mittel

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei treffen ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) 1Kommen zur Gefahrenabwehr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. 2Den Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.

§ 6
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.

(2) 1Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt, so können die Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. 2Ist für die Person eine Betreuerin oder ein Betreuer bestellt, so können die Maßnahmen im Rahmen ihres oder seines Aufgabenkreises auch gegen die Betreuerin oder den Betreuer gerichtet werden.

(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen denjenigen gerichtet werden, der die andere Person zu der Verrichtung bestellt hat.

§ 7
Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Tieren ausgehen, oder für den Zustand von Sachen

(1) 1Geht von einem Tier oder einer Sache eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen diejenige Person zu richten, die die tatsächliche Gewalt innehat. 2Die für Sachen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes sind auf Tiere entsprechend anzuwenden.

(2) 1Maßnahmen können auch gegen eine Person gerichtet werden, die Eigentümerin oder Eigentümer oder sonst an der Sache berechtigt ist. 2Dies gilt nicht, wenn die tatsächliche Gewalt ohne den Willen der in Satz 1 genannten Person ausgeübt wird.

(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen diejenige Person gerichtet werden, die das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.

§ 8
Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können Maßnahmen gegen andere Personen als die nach § 6 oder 7 Verantwortlichen richten, wenn

  1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
  2. Maßnahmen gegen die nach § 6 oder 7 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
  3. die Verwaltungsbehörde oder die Polizei die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
  4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

§ 9
Verantwortlichkeit nach anderen Vorschriften

Soweit die Vorschriften des Dritten Teils Maßnahmen auch gegen andere Personen zulassen, finden die §§ 6 bis 8 keine Anwendung.

§ 10
Einschränkung von Grundrechten

Auf Grund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf

  1. Leben und körperliche Unversehrtheit ( Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes),
  2. Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes),
  3. Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Abs. 1 des Grundgesetzes),
  4. Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ( Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes),
  5. Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes) und
  6. Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes)

eingeschränkt werden.

D r i t t e r   T e i l
Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei

1.   A b s c h n i t t
Allgemeine und besondere Befugnisse

§ 11
Allgemeine Befugnisse

Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht die Vorschriften des Dritten Teils die Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln.

§ 12
Befragung und Auskunftspflicht

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei dürfen jede Person befragen, von der Angaben erwartet werden können, die für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe nach § 1 erforderlich sind.

(2) Die befragte Person ist zur Auskunft über Familienname, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Anschrift der Hauptwohnung und Staatsangehörigkeit verpflichtet, wenn dies für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich ist.

(3) Kommt die befragte Person auf Grund der §§ 6 bis 8 für eine gegen sie zu richtende Maßnahme in Betracht, so ist sie zur Auskunft in der Sache verpflichtet, wenn die Angaben zur Abwehr der Gefahr oder für die weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind.

(4) 1Eine zur Auskunft verpflichtete Person darf zum Zweck der Befragung kurzzeitig angehalten werden. 2Die Vorschriften der Strafprozessordnung über verbotene Vernehmungsmethoden ( § 136a ) gelten entsprechend.

(5) 1Die zu befragende Person ist auf ihr Verlangen auf die Rechtsgrundlage ihrer Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit ihrer Auskunft hinzuweisen und über ihr Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung und § 9 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes oder im Anwendungsbereich des § 23 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes über das Auskunftsrecht nach § 51 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes zu unterrichten. 2In den Fällen der §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung darf die Auskunft zur Sache verweigert werden, es sei denn, sie ist für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder ähnlich schutzwürdige Belange erforderlich. 3Werden im Fall des Satzes 2 Auskünfte erteilt, so dürfen diese nur für Zwecke der Gefahrenabwehr verwendet werden.

(6) Die Polizei kann auf der Grundlage polizeilicher Lageerkenntnisse zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung mit internationalem Bezug jede im öffentlichen Verkehrsraum angetroffene Person kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen.

§ 13
Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können die Identität einer Person feststellen,

  1. wenn dies zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist,
  2. wenn sie an einem Ort angetroffen wird, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort
    a) Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung oder die in §§ 232 und 233 StGB genannten Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben,
    b) sich Personen aufhalten, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen, oder
    c) sich Personen verbergen, die wegen Straftaten gesucht werden,
  3. wenn sie in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon angetroffen wird und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf Grund von auf die Person bezogenen Anhaltspunkten erforderlich ist, oder
  4. die an einer Kontrollstelle (§ 14) angetroffen wird.

(2) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere die betroffene Person anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, dass sie mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. 2Die Person kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

(3) Wer verpflichtet ist, einen Berechtigungsschein mit sich zu führen, hat diesen auf Verlangen den Verwaltungsbehörden und der Polizei zur Prüfung auszuhändigen.

§ 14
Kontrollstellen

(1) Kontrollstellen dürfen von der Polizei auf öffentlichen Straßen oder Plätzen oder an anderen öffentlich zugänglichen Orten nur eingerichtet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

  1. eine Straftat von erheblicher Bedeutung,
  2. eine Straftat nach den §§ 125, 125a oder 305a des Strafgesetzbuchs,
  3. eine Straftat nach § 20 des Vereinsgesetzes oder
  4. eine Straftat nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4 und 5 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes

begangen werden soll und die Kontrollstellen zur Verhütung einer der vorgenannten Straftaten erforderlich sind.

(2) 1Die Einrichtung einer Kontrollstelle bedarf der Anordnung durch die Dienststellenleitung oder Bedienstete des höheren Dienstes. 2Die Anordnung ist schriftlich zu begründen.

(3) 1Die an einer Kontrollstelle erhobenen personenbezogenen Daten sind, wenn sie zur Verhütung einer der vorgenannten Straftaten nicht erforderlich sind, unverzüglich, spätestens aber nach drei Monaten zu löschen. 2Dies gilt nicht, soweit die Daten zur Verfolgung einer Straftat benötigt werden oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig eine der vorgenannten Straftaten oder eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen wird.

§ 15
Erkennungsdienstliche Maßnahmen

(1) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können erkennungsdienstliche Maßnahmen anordnen, wenn

  1. eine nach § 13 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist oder

  2. dies zur Verhütung von Straftaten erforderlich ist, weil die betroffene Person verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist oder wegen einer Straftat verurteilt worden ist, und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.

2Erkennungsdienstliche Maßnahmen werden von der Polizei durchgeführt. 3Gegen eine Person, die nicht nach § 6 oder 7 verantwortlich ist, dürfen erkennungsdienstliche Maßnahmen nach Satz 1 Nr. 1 nicht durchgeführt werden, es sei denn, dass die Person Angaben über die Identität verweigert oder Tatsachen den Verdacht einer Täuschung über die Identität begründen.

(2) 1Ist die Identität nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 festgestellt und die weitere Aufbewahrung der im Zusammenhang mit der Feststellung angefallenen erkennungsdienstlichen Unterlagen auch nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 nicht erforderlich oder sind die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 entfallen, so sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten und die personenbezogenen Daten zu löschen, es sei denn, dass eine Rechtsvorschrift die weitere Aufbewahrung oder Speicherung zulässt. 1Sind die personenbezogenen Daten oder Unterlagen an andere Stellen übermittelt worden, so sind diese über die Löschung oder Vernichtung zu unterrichten.

(3) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind

  1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
  2. die Aufnahme von Lichtbildern,
  3. die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,
  4. Messungen

und andere vergleichbare Maßnahmen.

§ 15 a
Molekulargenetische Untersuchungen zur Identitätsfeststellung

(1) 1Zur Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche können deren DNA-Identifizierungsmuster mit denjenigen einer vermissten Person abgeglichen werden, wenn die Feststellung der Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. 2Zu diesem Zweck dürfen

  1. der hilflosen Person oder der Leiche Körperzellen entnommen,
  2. Proben von Gegenständen mit Spurenmaterial der vermissten Person genommen und
  3. die Proben nach den Nummern 1 und 2 molekular-genetisch untersucht

werden. 3Die Untersuchungen nach Satz 2 Nr. 3, sind auf die Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts zu beschränken. 4Entnommene Körperzellen sind unverzüglich zu vernichten, wenn sie für die Untersuchung nach Satz 2 nicht mehr benötigt werden. 5Die DNA-Identifizierungsmuster können zum Zweck des Abgleichs in einer Datei gespeichert werden. 6Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Identitätsfeststellung nach Satz 1 nicht mehr benötigt werden.

(2) 1Molekulargenetische Untersuchungen werden auf Antrag der Polizei durch das Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Für das gerichtliche Verfahren gilt § 19 Abs. 4 entsprechend. 3Für die Durchführung der Untersuchungen gilt § 81f Abs. 2 der Strafprozessordnung entsprechend."

§ 16
Vorladung

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, um sie nach § 12 zu befragen oder wenn dies zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.

(2) 1Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. 2Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse der betroffenen Person Rücksicht genommen werden.

(3) Leistet eine Person der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden,

  1. wenn ihre Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit erforderlich sind oder
  2. wenn erkennungsdienstliche Maßnahmen durchgeführt werden sollen.

(4) Das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen ist auf die darin genannten Personen entsprechend anzuwenden, wenn diese nach Absatz 1 vorgeladen oder herangezogen werden.

§ 17
Platzverweisung, Aufenthaltsverbot

(1) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. 2Die Platzverweisung kann gegen eine Person angeordnet werden, die den Einsatz der Feuerwehr oder von Hilfs- und Rettungsdiensten behindert.

(2) 1Betrifft eine Maßnahme nach Absatz 1 eine Wohnung, so ist sie gegen den erkennbaren oder mutmaßlichen Willen der berechtigten Person nur zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr zulässig.2 Die Polizei kann eine Person aus ihrer Wohnung verweisen und ihr das Betreten der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung für die Dauer von höchstens 14 Tagen verbieten, wenn dies erforderlich ist, um eine von dieser Person ausgehende gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung von in derselben Wohnung wohnenden Personen abzuwehren. 3Der von einer Maßnahme nach Satz 2 betroffenen Person ist Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen. 4Die Polizei unterrichtet die gefährdete Person unverzüglich über die Dauer der Maßnahme nach Satz 2.

(3) 1Stellt die gefährdete Person einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz, so wird eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 2 mit dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unwirksam. 2Das Gericht hat die Polizei über die in Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz ergangenen Entscheidungen unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(4) 1Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen wird, so kann ihr für eine bestimmte Zeit verboten werden, diesen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, es sei denn, sie hat dort ihre Wohnung. 2Örtlicher Bereich im Sinne des Satzes 1 ist ein Ort oder ein Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder auch ein gesamtes Gemeindegebiet. 3Die Platzverweisung nach Satz 1 ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken. 4Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt.

§ 18
Gewahrsam

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies

  1. zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,
  2. unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung
    a) einer Straftat oder
    b) einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit
    zu verhindern, oder
  3. unerlässlich ist, um eine Platzverweisung nach § 17 durchzusetzen.

(2) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person, die aus dem Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Vollzugsanstalt aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.

(3) Die Polizei kann eine minderjährige Person, die sich der Sorge der erziehungsberechtigten Personen entzogen hat, in Obhut nehmen, um sie einer erziehungsberechtigten Person oder dem Jugendamt zuzuführen.

§ 19
Richterliche Entscheidung

(1) 1Kommt es aufgrund einer Maßnahme nach § 13 Abs. 2 Satz 2, § 16 Abs. 3 oder § 18 zu einer Freiheitsentziehung, so haben die Verwaltungsbehörden oder die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung zu beantragen. 2Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird.

(2) 1Die festgehaltene Person, bei deren Minderjährigkeit auch ihre gesetzliche Vertreterin oder ihr gesetzlicher Vertreter, kann auch nach Beendigung der Freiheitsentziehung innerhalb eines Monats die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung beantragen. 2Der Antrag kann bei dem nach Absatz 3 Satz 2 zuständigen Amtsgericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle dieses Gerichts gestellt werden.

(3) 1Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. 2Für die Entscheidung nach Absatz 2 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person in Gewahrsam genommen wurde. 3Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Verordnung die Zuständigkeit einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zu übertragen, sofern dies für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist.

(4) 1Für das gerichtliche Verfahren geltn die §§ 3 bis 48, 58 bis 69 und 76 bis 85 des Gesetztes über das Verfahren in Familienangelegenheiten und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. 2Gegen eine Entscheidung, durch welche der Antrag der Verwaltungsbehörde oder der Polizei abgelehnt wird, steht dieser die Beschwerde zu. 3Beschwerdegericht im Sinne der §§ 58 bis 69 FamFG ist das Oberlandesgericht. 4Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar. 5Für die Gerichtskosten gelten, soweit durch Rchtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare entsprechend.

§ 20
Behandlung festgehaltener Personen

(1) 1Wird eine Person auf Grund des § 13 Abs. 2 Satz 2, des § 16 Abs. 3 oder des § 18 festgehalten, so ist ihr unverzüglich der Grund bekannt zu geben. 2Sie ist über die ihr zustehenden Rechtsbehelfe zu belehren.

(2) 1Der festgehaltenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person ihrer Wahl zu benachrichtigen und zu ihrer Beratung hinzuzuziehen, soweit dadurch der Zweck oder die Durchführung der Maßnahme nicht gefährdet wird. 2Die Verwaltungsbehörde oder die Polizei soll die Benachrichtigung übernehmen, wenn die festgehaltene Person dazu nicht in der Lage ist und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. 3Ist die festgehaltene Person minderjährig oder ist für sie eine Betreuerin oder ein Betreuer bestellt, so ist unverzüglich diejenige Person zu benachrichtigen, der die Sorge für die Person oder die Betreuung in persönlichen Angelegenheiten obliegt.

(3) Unberührt bleibt die Benachrichtigungspflicht bei einer richterlichen Freiheitsentziehung.

(4) 1Die festgehaltene Person soll gesondert, insbesondere ohne ihre Einwilligung nicht in demselben Raum mit Straf- oder Untersuchungsgefangenen untergebracht werden. 2Männer und Frauen sollen getrennt untergebracht werden. 3Der festgehaltenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Freiheitsentziehung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordert.

(5) Wird der Gewahrsam nach § 18 Abs. 1 im Wege der Amtshilfe in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, so gelten die §§ 171, 173 bis 175 und 178 Abs. 3 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

§ 21
Dauer der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung

1Die festgehaltene Person ist zu entlassen,

  1. sobald der Grund für die Maßnahme der Verwaltungsbehörde oder der Polizei weggefallen ist,
  2. wenn die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung nach § 19 für unzulässig erklärt wird,
  3. in jedem Falle spätestens bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen,

wenn nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung angeordnet ist. 2In der richterlichen Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zu bestimmen; sie darf im Fall des § 18 Abs. 1 Nr. 2 nicht mehr als zehn Tage, in den übrigen Fällen nicht mehr als vier Tage betragen. 3 Eine Freiheitsentziehung zum Zweck der Feststellung der Identität soll nicht länger als sechs Stunden dauern.

§ 22
Durchsuchung und Untersuchung von Personen

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person durchsuchen, wenn

  1. sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,
  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
  3. sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,
  4. sie an einem in § 13 Abs. 1 Nr. 2 genannten Ort angetroffen wird oder
  5. sie in einem Objekt im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe angetroffen wird und die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

(2) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll oder die an einer Kontrollstelle (§ 14) angetroffen wird, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosivmitteln durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts, Ärztinnen oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) 1Eine Person darf durch einen Arzt oder eine Ärztin körperlich untersucht werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von ihr eine Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person ausgegangen ist, weil es zu einer Übertragung besonders gefährlicher Krankheitserreger (insbesondere Hepatitis-B-Virus, Hepatitis-C-Virus oder Humanes Immundefizienzvirus - HIV) gekommen sein kann, und die Kenntnis des Untersuchungsergebnisses zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist. 2Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe zulässig, wenn sie von einem Arzt oder einer Ärztin nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden, wenn kein Nachteil für die Gesundheit der oder des Betroffenen zu befürchten ist. 3Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 werden auf Antrag der Polizei durch das Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 4Für das gerichtliche Verfahren gilt § 19 Abs. 4 entsprechend. 5Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Anordnung treffen; in diesem Fall ist die richterliche Bestätigung der Anordnung unverzüglich zu beantragen. 6Die bei der Blutentnahme oder anderen Eingriffen entnommenen Proben sind nach der Durchführung der Untersuchungen unverzüglich zu vernichten. 7Untersuchungsdaten aus Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zu dem in Satz 1 genannten Zweck nicht mehr benötigt werden.

§ 23
Durchsuchung von Sachen

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Sache durchsuchen, wenn

  1. sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 22 durchsucht werden darf,
  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Person befindet, die
    a) in Gewahrsam genommen werden darf,
    b) widerrechtlich festgehalten wird oder
    c) hilflos ist,
  3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf,
  4. sie sich an einem in § 13 Abs. 1 Nr. 2 genannten Ort befindet,
  5. sie sich in einem Objekt im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind oder
  6. es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(2) 1Bei der Durchsuchung von Sachen hat die Person, die die tatsächliche Gewalt innehat, das Recht, anwesend zu sein. 2Ist sie abwesend, so ist, wenn möglich, ihre Vertretung oder eine andere Person hinzuzuziehen. 1Der Person, die die tatsächliche Gewalt innehat, ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

§ 24
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

(1) Wohnungen im Sinne dieser Vorschrift sind Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum, das mit diesen Räumen im Zusammenhang steht.

(2) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Wohnung ohne Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn

  1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Person befindet, die nach § 16 Abs. 3 vorgeführt oder nach § 18 in Gewahrsam genommen werden darf,
  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Sache befindet, die nach § 26 Nr. 1 sichergestellt werden darf,
  3. dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert erforderlich ist oder
  4. von der Wohnung Emissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, die Gesundheit in der Nachbarschaft wohnender Personen zu beschädigen.

(3) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass sich in einem Gebäude eine Person befindet, die widerrechtlich festgehalten wird oder hilflos ist und für die dadurch Gefahr für Leib oder Leben besteht, so kann die Verwaltungsbehörde oder die Polizei die in diesem Gebäude befindlichen Wohnungen ohne Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn die Gefahr auf andere Weise nicht beseitigt werden kann.

(4) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 der Strafprozessordnung) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung nur in den Fällen des Absatzes 2 Nrn. 3 und 4 und in den Fällen des Absatzes 3 zulässig.

(5) Wohnungen dürfen jedoch zur Verhütung des Eintritts erheblicher Gefahren jederzeit betreten werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort

  1. Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung oder die in den §§ 232 und 233 StGB genannten Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben,
  2. sich Personen aufhalten, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen, oder
  3. sich Personen verbergen, die wegen Straftaten gesucht werden.

(6) Zum Zweck der Gefahrenabwehr dürfen Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume, andere der Öffentlichkeit zugängliche Räume sowie befriedetes Besitztum, das mit den genannten Räumen im Zusammenhang steht, während der Arbeits-, Betriebs-, Geschäfts- oder Öffnungszeit sowie in der Zeit, in der sich Beschäftigte oder Publikum dort aufhalten, betreten werden.

§ 25
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen

(1) 1Wohnungen dürfen, außer bei Gefahr im Verzuge, nur auf Grund richterlicher Anordnung durchsucht werden. 2Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. 3§ 19 Abs. 4 gilt entsprechend.

(2) 1Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat die Person, die die Wohnung innehat, das Recht, anwesend zu sein. 2Ist sie abwesend, so ist, wenn möglich, eine ihr nahe stehende oder bekannte Person hinzuzuziehen.

(3) Der Grund der Durchsuchung ist der Person, die die Wohnung innehat, oder ihrer Vertretung unverzüglich bekannt zu geben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.

(4) 1Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. 2Sie muss die verantwortliche Behörde sowie den Grund, die Zeit, den Ort und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. 3Die Niederschrift ist auch von der Person, die die Wohnung innehat, oder von ihrer Vertretung zu unterzeichnen. 4Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. 5Auf Verlangen ist eine Durchschrift der Niederschrift auszuhändigen.

(5) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Durchschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so ist der Betroffenen oder dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Behörde sowie der Zeit und des Ortes der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

§ 26
Sicherstellung

Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Sache sicherstellen,

  1. um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,
  2. um die Eigentümerin oder den Eigentümer oder die Person, die rechtmäßig die tatsächliche Gewalt innehat, vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen oder
  3. wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und sie oder ein anderer die Sache verwenden kann, um
    a) sich zu töten oder zu verletzen,
    b) Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
    c) fremde Sachen zu beschädigen oder
    d) die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

§ 27
Verwahrung

(1) 1Sichergestellte Sachen sind in Verwahrung zu nehmen. 2Lässt die Beschaffenheit der Sachen das nicht zu oder erscheint die Verwahrung bei der Verwaltungsbehörde oder der Polizei unzweckmäßig, so sind die Sachen auf andere geeignete Weise aufzubewahren oder zu sichern.

(2) 1Der Person, bei der eine Sache sichergestellt wird, ist eine Bescheinigung auszustellen, die den Grund der Sicherstellung erkennen lässt und die sichergestellten Sachen bezeichnet. 2Kann nach den Umständen des Falles eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzunehmen, die auch erkennen lässt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist. 3Die Eigentümerin oder der Eigentümer oder die Person, die rechtmäßig die tatsächliche Gewalt innehat, ist unverzüglich über die Sicherstellung zu unterrichten.

§ 28
Verwertung, Vernichtung

(1) Die Verwertung einer sichergestellten Sache ist zulässig, wenn

  1. ihr Verderb oder eine wesentliche Wertminderung droht,
  2. ihre Verwahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist,
  3. sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht so verwahrt werden kann, dass weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgeschlossen sind,
  4. sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an eine berechtigte Person herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden, oder
  5. die berechtigte Person sie nicht innerhalb einer ihr gesetzten angemessenen Frist abholt; die Fristsetzung ist zuzustellen und muss den Hinweis enthalten, dass die Sache nach fruchtlosem Ablauf der Frist verwertet werde.

(2) 1Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden. 2Die Anordnung sowie die Zeit und der Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahmen es erlauben.

(3) 1Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet. 2§ 979 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. 3Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. 4Kann die Sache innerhalb angemessener Frist nicht verwertet werden, so darf sie einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.

(4) 1Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn

  1. im Fall einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigen, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden oder
  2. die Verwertung aus anderen Gründen nicht möglich ist.

2Absatz 2 gilt sinngemäß.

§ 29
Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses; Kosten

(1) 1Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden sind. 2Ist die Herausgabe an sie nicht möglich, so können die Sachen an eine andere Person herausgegeben werden, die ihre Berechtigung glaubhaft macht. 3Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.

(2) 1Sind die Sachen verwertet worden, so ist der Erlös herauszugeben. 2Ist eine berechtigte Person nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. 3Der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.

(3) 1Die Kosten der Sicherstellung fallen den nach § 6 oder 7 Verantwortlichen zur Last. 2Mehrere Verantwortliche haften gesamtschuldnerisch. 3Die Herausgabe der Sache kann von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden. 4Ist eine Sache verwertet worden, so können die Kosten aus dem Erlös gedeckt werden. 5Die Kosten können im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden.

(4) § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt.

2.   A b s c h n i t t
Befugnisse zur Datenverarbeitung

§ 30
Grundsätze der Datenerhebung

(1) 1Personenbezogene Daten sind bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis zu erheben. 2Bei einer Dritten oder einem Dritten dürfen personenbezogene Daten nur erhoben werden, wenn

  1. eine Rechtsvorschrift dies zulässt,
  2. Angaben der betroffenen Person überprüft werden müssen,
  3. offensichtlich ist, dass die Erhebung im Interesse der betroffenen Person liegt und sie einwilligen würde,
  4. die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können,
  5. die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden,
  6. die Erhebung bei der betroffenen Person die Erfüllung der Aufgaben gefährden oder wesentlich erschweren würde oder
  7. es zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist.

3Betroffene oder Dritte sind auf Verlangen auf die Rechtsgrundlage der Datenerhebung hinzuweisen.

(2) 1Personenbezogene Daten sind offen zu erheben. 2Eine Datenerhebung, die nicht als Maßnahme der Gefahrenabwehr erkennbar sein soll (verdeckte Datenerhebung), ist nur zulässig

  1. in den Fällen des § 32 Abs. 2 und 5,
  2. in den Fällen der §§ 33a bis 37 (besondere Mittel oder Methoden),
  3. in den Fällen des § 45a,
  4. wenn andernfalls die Aufgabenerfüllung erheblich gefährdet würde oder
  5. wenn dies dem Interesse der betroffenen Person entspricht.

3Daten dürfen nur durch die Polizei verdeckt erhoben werden. 4Sie darf keine Mittel einsetzen oder Methoden anwenden, die nach Art oder Schwere des Eingriffs den besonderen Mitteln oder Methoden vergleichbar sind.

(3) Zur Durchführung verdeckter Datenerhebungen oder zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Zeugin oder eines Zeugen, oder einer Angehörigen oder eines Angehörigen der Zeugin oder des Zeugen können geeignete Urkunden hergestellt, beschafft und verwendet sowie erforderliche Eintragungen in Register, Bücher oder Dateien vorgenommen werden.

(4) 1Über die Erhebung personenbezogener Daten mit besonderen Mitteln oder Methoden ist die betroffene Person zu unterrichten. 2Die betroffene Person ist mit der Unterrichtung auf die Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung und das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung und § 9 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes oder im Anwendungsbereich des § 23 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes das Auskunftsrecht nach § 51 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes sowie auf das Recht der Beschwerde gegen eine richterliche Anordnung einschließlich der hierfür geltenden Frist hinzuweisen. 3Die Unterrichtung erfolgt, sobald dies möglich ist, ohne den Zweck der Maßnahme zu gefährden. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn zur Durchführung der Unterrichtung in unverhältnismäßiger Weise weitere Daten der betroffenen Person erhoben werden müssten.

(5) 1Die Unterrichtung nach Absatz 4 wird zurückgestellt,

  1. solange Zwecke der Verfolgung einer Straftat entgegenstehen,
  2. solange durch das Bekanntwerden der Datenerhebung Leib, Leben, Freiheit oder ähnlich schutzwürdige Belange einer Person gefährdet werden oder
  3. solange ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer anderen betroffenen Person entgegenstehen.

2Die Unterrichtung über eine Maßnahme nach § 36 oder § 36a wird außer in den Fällen des Satzes 1 auch zurückgestellt, solange durch das Bekanntwerden der Datenerhebung die weitere Verwendung der Vertrauensperson oder der weitere Einsatz der Verdeckten Ermittlerin oder des Verdeckten Ermittlers gefährdet wird. 3Soll die Unterrichtung über eine Maßnahme, die richterlich anzuordnen war, nach Ablauf von sechs Monaten weiter zurückgestellt werden, so entscheidet das Amtsgericht, das die Maßnahme angeordnet oder bestätigt hat; in den Fällen des § 35 a Abs. 4 Satz 6 entscheidet das Landgericht. 4Die Zurückstellung der Unterrichtung durch das Gericht ist auf höchstens ein Jahr zu befristen und kann um jeweils höchstens ein weiteres Jahr verlängert werden. 5In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 oder 3 kann das Gericht eine längere Frist bestimmen, wenn davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen für die Zurückstellung während der längeren Frist nicht entfallen werden. 6Für das gerichtliche Verfahren gilt § 19 Abs. 4 entsprechend.

(6) 1Die Zurückstellung der Unterrichtung über eine Maßnahme, die nicht richterlich anzuordnen war, ist nach Ablauf von zwei Jahren unter Angabe des Grundes und der voraussichtlichen Dauer der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz mitzuteilen. 2Eine Mitteilung ist erneut erforderlich, wenn die angegebene Dauer der Zurückstellung überschritten wird.

(7) 1Die Datenerhebung nach den §§ 34 bis 36a darf sich nicht gegen Personen richten, die in Strafverfahren aus beruflichen Gründen zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind (§§ 53 und 53a der Strafprozessordnung, § 12 Abs. 3 und § 23 Abs. 4 des Bundesdatenschutzgesetzes), soweit Sachverhalte betroffen sind, auf die sich ihr Zeugnisverweigerungsrecht bezieht, es sei denn, die Datenerhebung ist zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich. 2Die Polizei darf solche Personen nicht von sich aus als Vertrauenspersonen (§ 36 Abs. 1 Satz 1) in Anspruch nehmen.

§ 31
Datenerhebung

(1) 1Die Polizei kann über jede Person Daten erheben, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Wahrnehmung einer Aufgabe nach § 1 Abs. 4 oder 5 erforderlich ist. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn Verwaltungsbehörden zur Abwehr einer Gefahr tätig werden.

(2) Die Polizei darf, wenn dies zur Verhütung von Straftaten erforderlich ist, über Absatz 1 hinaus Daten erheben über

  1. Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie künftig Straftaten begehen werden,
  2. Kontakt- oder Begleitpersonen,
  3. Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Opfer von Straftaten werden,
  4. Personen, die sich im engen räumlichen Umfeld einer Person aufhalten, die auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit oder ihrer Stellung in der Öffentlichkeit besonders gefährdet erscheint, soweit dies zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit der gefährdeten Person erforderlich ist, und
  5. Zeuginnen oder Zeugen, Hinweisgeberinnen oder Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen, die dazu beitragen können, den Sachverhalt aufzuklären.

(3) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können über

  1. Personen, deren Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr benötigt werden,
  2. Verantwortliche für Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann,
  3. Verantwortliche für gefährdete Anlagen oder Einrichtungen,
  4. Verantwortliche für Veranstaltungen in der Öffentlichkeit, die nicht dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz unterliegen,

die für die Erreichbarkeit der vorgenannten Personen und deren Zuordnung zu den in den Nummern 1 bis 4 genannten Personengruppen erforderlichen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen, bei öffentlichen Stellen oder auf Grund freiwilliger Angaben der betroffenen Person erheben, soweit dies zur Vorbereitung auf die Abwehr künftiger Gefahren erforderlich ist. 2Eine verdeckte Datenerhebung ist nicht zulässig.

„(4) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können über eine Person Daten erheben, wenn diese in die Datenerhebung nach § 33 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes eingewilligt hat. 2Die Person muss bei Erteilung der Einwilligung eine echte Wahlfreiheit haben und darf nicht aufgefordert oder angewiesen werden, einer rechtlichen Verpflichtung nachzukommen. 3Die Person ist auf die Freiwilligkeit hinzuweisen.“

§ 32
Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel bei öffentlichen Veranstaltungen und im öffentlichen Raum

(1) 1Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz unterliegen, Bildaufnahmen sowie Bild- und Tonaufzeichnungen (Aufzeichnungen) über solche Personen anfertigen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten oder nicht geringfügige Ordnungswidrigkeiten begehen werden. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) Eine verdeckte Anfertigung von Aufzeichnungen ist nur zulässig, wenn die offene Anfertigung dazu führen kann, dass die Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten an anderer Stelle, zu anderer Zeit oder in anderer Weise begangen werden.

(3) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei dürfen öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten, wenn dies zur Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1 erforderlich ist. 2Die Polizei kann die nach Satz 1 übertragenen Bilder aufzeichnen,

  1. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an den beobachteten Orten oder in deren unmittelbarer Umgebung künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten nach § 224 StGB begangen werden, oder
  2. soweit die Bilder an oder in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage, einer Verkehrs- oder Versorgungseinrichtung, einem öffentlichen Verkehrs-mittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt aufgenommen werden und tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an oder in Objekten dieser Art terroristische Straftaten begangen werden sollen.

3Die §§ 12 und 17 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes bleiben unberührt.

(4) 1Die Polizei kann zur Eigensicherung bei Anhalte- und Kontrollsituationen im öffentlichen Verkehrsraum nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften Bildaufzeichnungen offen anfertigen. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(5) 1Die Polizei kann im öffentlichen Verkehrsraum technische Mittel zur Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen einsetzen

  1. zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
  2. auf der Grundlage polizeilicher Lageerkenntnisse zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung mit internationalem Bezug,
  3. an einem in § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a genannten Ort zur Verhütung der dort genannten Straftaten,
  4. in unmittelbarer Nähe der in § 13 Abs. 1 Nr. 3 genannten gefährdeten Objekte zu deren Schutz oder zum Schutz der sich dort befindenden Personen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, und der Einsatz aufgrund der Gefährdungslage erforderlich ist oder
  5. zur Verhütung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 genannten Straftaten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass solche Straftaten begangen werden sollen.

2Dabei dürfen auch Zeit und Ort der Aufnahme erfasst und eine Bildaufnahme des Fahrzeuges angefertigt werden, wenn technisch ausgeschlossen ist, dass Insassen zu sehen sind oder sichtbar gemacht werden können. 3Das Kennzeichen ist sofort automatisiert mit vorhandenen Dateien abzugleichen, die der Suche nach Personen oder Sachen dienen oder in denen Kennzeichen nach § 37 oder nach anderen Rechtsvorschriften zur Kontrollmeldung ausgeschrieben sind. 4Ist das Kennzeichen nicht in diesen Dateien enthalten, so sind die nach den Sätzen 1 und 2 erhobenen Daten sofort automatisiert zu löschen. 5Gespeicherte Daten dürfen außer im Fall einer Ausschreibung zur Kontrollmeldung nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden. 6Eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn durch eine offene Datenerhebung der Zweck der Maßnahme gefährdet würde.

§ 33
Aufzeichnung von Verkehrsdaten mit Einwilligung der Anschlussinhaberin oder des Anschlussinhabers

(1) 1Die Polizei kann in den Fällen des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 oder wenn dies erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr abzuwehren, mit Einwilligung der Anschlussinhaberin oder des Anschlussinhabers Verkehrsdaten (§ 96 des Telekommunikationsgesetzes) aufzeichnen. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 3Die Aufzeichnung bedarf der Anordnung durch die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die Anordnung ist schriftlich zu begründen.

(2) Aufgrund der Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, der Polizei die Aufzeichnung der Verkehrsdaten zu ermöglichen.

§ 33a
Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation

(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation erheben

  1. über die in den §§ 6 und 7 genannten Personen, wenn die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise nicht möglich erscheint, und
  2. unter den Voraussetzungen des § 8 über die dort genannten Personen, wenn dies für die Aufklärung des Sachverhalts unerlässlich ist.

(2) 1Eine Datenerhebung nach Absatz 1 kann sich auf

  1. die Inhalte der Telekommunikation einschließlich der innerhalb des Telekommunikationsnetzes in Datenspeichern abgelegten Inhalte,
  2. die Verkehrsdaten (§ 96 des Telekommunikationsgesetzes) oder
  3. die Standortkennung einer aktiv geschalteten Mobilfunkendeinrichtung

beziehen. 2Die Datenerhebung darf nur an Telekommunikationsanschlüssen der in Absatz 1 genannten Personen erfolgen. 3Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(3) 1Eine Maßnahme nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 ist nicht zulässig, soweit im Einzelfall aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sie ausschließlich eine Kommunikation erfasst, die als höchstpersönlich dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist. 2Ergeben sich solche Anhaltspunkte später, so ist die Maßnahme zu unterbrechen. 3§ 35a Abs. 3 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) 1Die Datenerhebung nach Absatz 1 bedarf der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Die Anordnung bedarf der Schriftform; sie ist auf höchstens drei Monate zu befristen. 3Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist zulässig, soweit die in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. 4Die Anordnung muss die Person, gegen die sich die Datenerhebung richtet, Art und Umfang der zu erhebenden Daten sowie die betroffenen Telekommunikationsanschlüsse bezeichnen; sie ist zu begründen. 5Für das gerichtliche Verfahren gilt § 19 Abs. 4 entsprechend. 6Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde beginnt mit Zugang der Unterrichtung nach § 30 Abs. 4.

(5) 1Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Anordnung treffen. 2Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend; die schriftliche Begründung hat sich auch auf die Zulässigkeit der polizeilichen Anordnung zu beziehen. 3Die Entscheidung trifft die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die richterliche Bestätigung der Anordnung ist unverzüglich zu beantragen. 6Die Anordnung der Polizei tritt außer Kraft, wenn die richterliche Bestätigung nicht innerhalb von drei Tagen erfolgt. 7Bereits erhobene Daten dürfen nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen.

(6) 1Dient eine Maßnahme nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nr. 3 ausschließlich der Ermittlung des Aufenthaltsorts der gefährdeten Person, so trifft die Polizei die Anordnung. 2Absatz 5 Sätze 2 bis 4 gilt entsprechend.

(7) 1Aufgrund der Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, der Polizei die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen und die Überwachungsmaßnahmen nach den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen technisch und organisatorisch durchzuführen. 2Die Polizei hat den Diensteanbietern eine Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes zu gewähren.

(8) 1Die Polizei kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 über die dort genannten Personen Auskunft von den Diensteanbietern über Daten nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 verlangen; die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend. 2Die Diensteanbieter haben die nach Satz 1 angeforderten Daten unverzüglich und vollständig zu übermitteln. 3Die Polizei hat den Diensteanbietern eine Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes zu gewähren.

§ 33b
Geräte- und Standortermittlung, Unterbrechung der Telekommunikation

(1) 1Technische Mittel, mit denen aktiv geschaltete Mobilfunkendeinrichtungen zur Datenabsendung an eine Stelle außerhalb des Telekommunikationsnetzes veranlasst werden, dürfen zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummer oder zur Ermittlung des Standorts einer Endeinrichtung eingesetzt werden, wenn die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben sonst nicht möglich erscheint oder wesentlich erschwert wäre. 2Die Datenerhebung ist auch zulässig, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 3Die Daten Dritter dürfen abweichend von § 39 Abs. 1 nur für den Datenabgleich zur Ermittlung der gesuchten Geräte- und Kartennummer verwendet werden.

(2) Durch den Einsatz technischer Mittel können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Telekommunikationsverbindungen unterbrochen oder verhindert werden.

(3) Für die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 33a Abs. 4 und 5 entsprechend.

§ 33c
Auskunftsverlangen

(1) 1Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes erhobenen Daten

  1. zu den in den §§ 6 und 7 genannten Personen und
  2. unter den Voraussetzungen des § 8 zu den dort genannten Personen

verlangen. 2Die Datenerhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 3Auf das Auskunftsverlangen nach Satz 1 findet § 30 Abs. 4 keine Anwendung.

(2) 1Die Polizei darf Auskunft über Daten verlangen, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, wenn die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 vorliegen. 2Die Datenerhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 3§ 33a Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(3) 1Anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse dürfen die in eine Auskunft nach Absatz 1 aufzunehmenden Daten nur unter den Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 bestimmt werden. 2§ 33a Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) 1Die Diensteanbieter haben der Polizei die nach den Absätzen 1 bis 3 verlangten Daten unverzüglich und vollständig zu übermitteln. 2Die Polizei hat für die Erteilung von Auskünften nach den Absätzen 1 bis 3 eine Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes zu gewähren.

§ 34
Datenerhebung durch längerfristige Observation

(1) 1Eine planmäßig angelegte verdeckte Personenbeobachtung, die innerhalb einer Woche insgesamt länger als 24 Stunden oder über den Zeitraum von einer Woche hinaus durchgeführt werden soll oder die über diese Zeiträume hinaus tatsächlich weitergeführt wird (längerfristige Observation), ist nur zulässig

1. a) bezüglich der in den §§ 6 und 7 genannten Personen zum Zwecke der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, wenn die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise nicht möglich erscheint, und
b) unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 bezüglich der dort genannten Personen, wenn dies für die Aufklärung des Sachverhalts unerlässlich ist,
2. zur Beobachtung von Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, und wenn die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint sowie
3. zur Beobachtung von Kontakt- oder Begleitpersonen der in Nummer 2 genannten Personen, wenn dies zur Verhütung einer Straftat nach Nummer 2 unerlässlich ist.

2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Die längerfristige Observation bedarf der Anordnung durch die Behördenleitung. 2Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 3Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen und schriftlich zu begründen.

(3) 1Soll die Maßnahme über einen Monat hinausgehen oder soll eine zunächst auf höchstens einen Monat befristete Maßnahme verlängert werden, so bedarf es der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Die Anordnung ist zu befristen; sie kann verlängert werden. 3Die Anordnung bedarf der Schriftform; sie ist zu begründen. 4Für das gerichtliche Verfahren gelten § 19 Abs. 4 und § 33 a Abs. 4 Satz 6 entsprechend.

§ 35
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen

(1) 1Die Polizei kann unter den in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel Bildaufnahmen und -aufzeichnungen anfertigen, das nicht öffentlich gesprochene Wort abhören oder aufzeichnen sowie den jeweiligen Aufenthaltsort einer Person bestimmen. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. 3Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleibt unberührt. 4Das für Inneres zuständige Ministerium bestimmt die Art der zulässigen technischen Mittel durch Verwaltungsvorschrift; diese ist zu veröffentlichen.

(2) 1Werden durch das Abhören und das Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst, so dürfen diese nicht gespeichert, verändert oder genutzt werden. 2Entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen; die Löschung der Daten ist zu dokumentieren.

(3) 1Das Abhören und das Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes nach Absatz 1 bedürfen der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen; eine Verlängerung um jeweils höchstens einen weiteren Monat ist zulässig. 3Die Anordnung bedarf der Schriftform; sie ist zu begründen. 4 Für das gerichtliche Verfahren gelten § 19 Abs. 4 und § 33 a Abs. 4 Satz 6 entsprechend.

(4) 1Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Maßnahme anordnen. 2Die Anordnung ist schriftlich zu begründen; die Begründung muss sich auch auf die Zulässigkeit der polizeilichen Anordnung beziehen. 3Die Entscheidung trifft die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die richterliche Bestätigung der Anordnung ist unverzüglich zu beantragen. 6Die Anordnung nach Satz 1 tritt spätestens mit Ablauf des dritten Tages nach ihrem Erlass außer Kraft, wenn sie bis dahin nicht richterlich bestätigt wird. 7Erfolgt bis dahin keine richterliche Bestätigung, so dürfen bereits erhobene Daten nicht verwendet werden; diese Daten sind unverzüglich zu löschen.

(5) 1Abweichend von den Absätzen 3 und 4 genügt es, den Einsatz technischer Mittel nach Absatz 1 Satz 1 schriftlich anzuordnen und zu begründen, wenn

  1. damit nicht das nicht öffentlich gesprochene Wort abgehört oder aufgezeichnet werden soll oder
  2. die Maßnahme ausschließlich dem Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Person dient.

2Absatz 4 Sätze 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 35 a
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in Wohnungen

(1) 1Technische Mittel im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 dürfen zur Aufklärung von Vorgängen in einer Wohnung nur eingesetzt werden

  1. zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich diese Person oder die Person, von der die Gefahr ausgeht, in der Wohnung aufhält, oder
  2. zur Abwehr der Gefahr, dass eine Person eine besonders schwerwiegende Straftat begehen wird,

wenn die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. 2Zum Zweck nach Satz 1 Nr. 2 darf die Maßnahme nur durchgeführt werden

  1. in der Wohnung der dort genannten Person oder
  2. in der Wohnung einer anderen Person, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die in Satz 1 Nr. 2 genannte Person sich dort aufhält und der verdeckte Einsatz technischer Mittel in einer Wohnung dieser Person nicht möglich oder allein zur Abwehr der Gefahr nicht ausreichend ist.

3Eine nach Satz 2 Nr. 2 zulässige Maßnahme darf in einer Wohnung, die von einer nach § 53 oder 53a der Strafprozessordnung zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen zur Ausübung ihres Berufs genutzt wird, nicht durchgeführt werden.

(2) 1Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und zum Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Vorgänge, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. 2Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen.

(3) 1Die Maßnahme ist zu unterbrechen, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung von der Datenerhebung erfasst wird. 2Werden durch die Maßnahme Daten des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erfasst, so dürfen diese nicht gespeichert, verändert oder genutzt werden; entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen. 3Die Tatsache, dass Daten des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erhoben wurden, und die Löschung der Daten sind zu dokumentieren.

(4) 1Die Maßnahme bedarf der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Die Anordnung bedarf der Schriftform; sie ist auf höchstens einen Monat zu befristen. 3Sie muss die Person, gegen die sich die Datenerhebung richtet, Art und Umfang der zu erhebenden Daten sowie die betroffenen Wohnungen bezeichnen und ist zu begründen. 4Für das gerichtliche Verfahren gelten § 19 Abs. 4 und § 33 a Abs. 4 Satz 6 entsprechend. 5Die Anordnung kann jeweils um höchstens einen Monat verlängert werden. 6Ist die Dauer der Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 2 auf insgesamt sechs Monate verlängert worden, so entscheidet über weitere Verlängerungen eine Zivilkammer des Landgerichts.

(5) 1Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Maßnahme anordnen; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend. 2Die Anordnung ist schriftlich zu begründen; die Begründung muss sich auch auf die Zulässigkeit der polizeilichen Anordnung beziehen. 3Die Entscheidung trifft die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die richterliche Bestätigung der Anordnung ist unverzüglich zu beantragen. 6Die Anordnung nach Satz 1 tritt spätestens mit Ablauf des dritten Tages nach ihrem Erlass außer Kraft, wenn sie bis dahin nicht richterlich bestätigt wird. 7Erfolgt bis dahin keine richterliche Bestätigung, so dürfen bereits erhobene Daten nicht verwendet werden; diese Daten sind unverzüglich zu löschen.

(6) 1Erfolgt die Maßnahme ausschließlich zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Person, so genügt abweichend von Absatz 4 die Anordnung der Behördenleitung. 2Absatz 5 Sätze 2 und 4 gilt entsprechend.

§ 36
Datenerhebung durch die Verwendung von Vertrauenspersonen

(1) 1Die Polizei kann unter den in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen personenbezogene Daten erheben durch die Verwendung von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen). 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Die Verwendung einer Vertrauensperson bedarf der Anordnung durch die Behördenleitung. 2Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 3Die Anordnung ist schriftlich zu begründen.

(3) Vertrauenspersonen dürfen nicht verwendet werden um

  1. in einer Person, die nicht zur Begehung von Straftaten bereit ist, den Entschluss zu wecken, Straftaten zu begehen, oder
  2. eine zur Begehung von Straftaten bereite Person zur Begehung einer Straftat zu bestimmen, die mit einem erheblich höheren Strafmaß bedroht ist, als ihre Bereitschaft erkennen lässt, oder
  3. Daten mit Mitteln oder Methoden zu erheben, die die Polizei nicht einsetzen dürfte.

(4) 1Werden der Vertrauensperson Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung bekannt, so dürfen diese nicht gespeichert, verändert oder genutzt werden. 2Entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen; die Löschung der Daten ist zu dokumentieren.

§ 36a
Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittlerinnen oder Verdeckter Ermittler

(1) 1Die Polizei kann unter den in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen personenbezogene Daten erheben durch eine Polizeivollzugsbeamtin oder einen Polizeivollzugsbeamten, die oder der unter einer ihr oder ihm verliehenen, auf Dauer angelegten veränderten Identität (Legende) eingesetzt wird (Verdeckte Ermittlerin oder Verdeckter Ermittler). 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Eine Verdeckte Ermittlerin oder ein Verdeckter Ermittler darf zur Erfüllung ihres oder seines Auftrages unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen. 2Sie oder er darf unter der Legende mit Einverständnis der oder des Berechtigten deren oder dessen Wohnung betreten. 3Das Einverständnis darf nicht durch das Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden.

(3) 1Über die Zulässigkeit des Einsatzes einer Verdeckten Ermittlerin oder eines Verdeckten Ermittlers entscheidet das Amtsgericht Hannover auf Antrag des Landeskriminalamtes. 2Nach Ablauf von jeweils sechs Monaten hat das Landeskriminalamt die erneute Entscheidung des Amtsgerichts Hannover herbeizuführen. 3Die Entscheidungen bedürfen der Schriftform; sie sind zu begründen. 4Für das gerichtliche Verfahren gelten § 19 Abs. 4 und § 33 a Abs. 4 Satz 6 entsprechend.

(4) Absatz 3 findet keine Anwendung auf die Einsätze von Verdeckten Ermittlerinnen oder Verdeckten Ermittlern im Land Niedersachsen durch ein anderes Land.

(5) 1Werden dem Verdeckten Ermittler Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung bekannt, so dürfen diese nicht gespeichert, verändert oder genutzt werden. 2Entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen; die Löschung der Daten ist zu dokumentieren.

§ 37
Kontrollmeldung

(1) Die Polizei kann die Personalien einer Person sowie das amtliche Kennzeichen des von ihr benutzten oder eingesetzten Kraftfahrzeuges zum Zweck der Ausschreibung in einer Datei speichern, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen wird und dies zur Verhütung dieser Straftat erforderlich ist.

(2) Im Fall eines Antreffens der Person oder des Kraftfahrzeuges darf die Polizei für die Ausschreibung bedeutsame Umstände des Antreffens an die ausschreibende und die sachbearbeitende Dienststelle übermitteln (Kontrollmeldung).

(3) 1Die Ausschreibung bedarf der Anordnung durch die Behördenleitung.2 Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 3Die Anordnung ist schriftlich zu begründen und auf höchstens ein Jahr zu befristen. 4Sie kann wiederholt werden.

§ 37a
Parlamentarische Kontrolle

(1) 1Der Landtag bildet zur Kontrolle der nach den §§ 33a bis 35a, 36a und 37 durchgeführten besonderen polizeilichen Datenerhebungen einen Ausschuss. 2Der Ausschuss hat mindestens drei Mitglieder. 3Jede Fraktion benennt mindestens ein Mitglied.

(2) Das für Inneres zuständige Ministerium unterrichtet den Ausschuss in Abständen von höchstens sechs Monaten über Anlass und Dauer der Datenerhebung nach Absatz 1.

(3) 1Das für Inneres zuständige Ministerium hat dem Ausschuss Auskünfte über die Datenerhebungen nach Absatz 1 zu erteilen, wenn es mindestens eines seiner Mitglieder verlangt. 2Das Ministerium für Inneres und Sport kann unter Darlegung der Gründe eine Auskunft ablehnen, wenn Gründe nach Artikel 24 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung vorliegen, insbesondere wenn eine Auskunft Leib oder Leben oder die weitere Verwendbarkeit der eingesetzten Beamtinnen oder Beamten gefährdet.

(4) Die Verhandlungen des Ausschusses sind vertraulich.

§ 38
Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten, Zweckbindung

(1) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können die von ihnen im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz rechtmäßig erhobenen personenbezogenen Daten speichern, verändern und nutzen, wenn dies zu dem Zweck erforderlich ist, zu dem sie erhoben worden sind. 2Erlangen die in Satz 1 genannten Stellen rechtmäßig Kenntnis von personenbezogenen Daten, ohne sie erhoben zu haben, so dürfen sie diese Daten zu einem der Gefahrenabwehr dienenden Zweck speichern, verändern oder nutzen. 3Die Zweckbestimmung ist bei der Speicherung festzulegen. 4Können die zur Zweckerreichung nicht erforderlichen Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand gelöscht werden, so dürfen diese Daten gemeinsam mit den Daten nach den Sätzen 1 und 2 gespeichert, aber nur nach Maßgabe des § 39 Abs. 5 verändert und genutzt werden.

(2) Die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhobenen personenbezogenen Daten sind zu kennzeichnen.

(3) 1Die Polizei sowie Verwaltungsbehörden, soweit diese Aufgaben der Hilfs- und Rettungsdienste wahrnehmen, können fernmündlich an sie gerichtete Hilfeersuchen und Mitteilungen auf einen Tonträger aufnehmen. 2Die Aufzeichnungen sind spätestens nach einem Monat zu löschen. 3Dies gilt nicht, wenn die Daten zur Verfolgung einer Straftat oder einer nicht nur geringfügigen Ordnungswidrigkeit oder zur Verhütung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich sind.

(4) 1Die Polizei darf gespeicherte personenbezogene Daten zu statistischen Zwecken verarbeiten. 2Die Daten sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu anonymisieren.

§ 39
Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken

(1) 1Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zu anderen als den in § 38 Abs. 1 genannten Zwecken ist nur zulässig, wenn

  1. die Daten zur Erfüllung eines anderen Zwecks der Gefahrenabwehr erforderlich sind und sie auch zu diesem Zweck mit dem Mittel oder der Methode hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie erhoben worden sind,
  2. die Daten zur Behebung einer Beweisnot unerlässlich sind oder
  3. die betroffene Person mit einer den Anforderungen des § 31 Abs. 4 genügenden Erklärung eingewilligt hat.

2In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 sind die Daten für eine sonstige Verwendung zu sperren. 3Personenbezogene Daten, die einem Berufsgeheimnis unterliegen und nach § 30 Abs. 6 Satz 1 erhoben worden sind, dürfen zu anderen als den in § 38 Abs. 1 genannten Zwecken nur gespeichert, geändert oder genutzt werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist oder wenn die betroffene Person eingewilligt hat. 4In den in § 10 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes genannten Fällen liegt ein Speichern, Verändern oder Nutzen zu anderen Zwecken nicht vor.

(2) 1Daten, die

  1. ausschließlich zur zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung gespeichert,
  2. zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert oder
  3. auf Grund einer auf einen bestimmten Zweck beschränkten Einwilligung der betroffenen Person erhoben

worden sind, dürfen zu einem anderen als dem Zweck, zu dem sie erhoben oder gespeichert worden sind, nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder zur Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. 2Soweit die in Satz 1 genannten Daten auf einer Datenerhebung nach den §§ 33a bis 33c oder 35a beruhen, dürfen sie zu einem anderen Zweck als dem, zu dem sie erhoben oder gespeichert worden sind, nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, um eine in Satz 1 genannte Gefahr abzuwehren oder eine besonders schwerwiegende Straftat aufzuklären. 3Die Entscheidung trifft die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Entscheidungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen oder Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen.

(3) 1Die Polizei kann personenbezogene Daten, die sie im Rahmen der Verfolgung von Straftaten über eine tatverdächtige Person und in Zusammenhang damit über Dritte rechtmäßig erhoben oder rechtmäßig erlangt hat, zu Zwecken der Gefahrenabwehr speichern, verändern oder nutzen, sofern nicht besondere Vorschriften der Strafprozessordnung entgegenstehen. 2Zur Verhütung von Straftaten darf sie diese Daten nur speichern, verändern oder nutzen, wenn dies wegen der Art, Ausführung oder Schwere der Tat sowie der Persönlichkeit der tatverdächtigen Person zur Verhütung von vergleichbaren künftigen Straftaten dieser Person erforderlich ist. 3Die Verarbeitung von Daten nach den Sätzen 1 oder 2 setzt voraus, dass sie zu dem geänderten Zweck auch nach diesem Gesetz mit dem Mittel oder der Methode hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie nach der Strafprozessordnung erhoben worden sind. 4Die Speicherung der nach Satz 1 über Dritte erhobenen Daten in Dateien ist nur zulässig über die in § 31 Abs. 2 Nrn. 2, 3 und 5 genannten Personen. 5Der Ausgang eines strafprozessrechtlichen Verfahrens ist zusammen mit den Daten nach Satz 1 zu speichern.

(4) 1Sind personenbezogene Daten mit technischen Mitteln ausschließlich zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen erhoben worden, so dürfen sie nur zu einem in § 35a Abs. 1 genannten Zweck der Gefahrenabwehr oder nach Maßgabe der Strafprozessordnung zur Strafverfolgung gespeichert, verändert und genutzt werden. 2Die Maßnahme nach Satz 1 bedarf der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat; § 19 Abs. 4 gilt entsprechend. 3Bei Gefahr im Verzuge gilt § 35a Abs. 5 entsprechend.

(5) 1Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung personenbezogener Daten über unvermeidbar betroffene Dritte und über Personen, die mit einer ausgeschriebenen Person angetroffen worden sind (§ 37 Abs. 2), ist nur zulässig, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. 2Die Verarbeitung von Daten nach Satz 1 setzt voraus, dass sie zu dem geänderten Zweck mit dem Mittel oder der Methode hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie erhoben worden sind. 3Die Sätze 1 und 2 sind ist auch auf die Veränderung und Nutzung von Daten anzuwenden, die nach § 38 Abs. 1 Satz 4 gespeichert worden sind.

(6) Daten, die zum Zweck der Gefahrenabwehr erhoben oder sonst verarbeitet worden sind, dürfen nach Maßgabe der Vorschriften der Strafprozessordnung zum Zweck der Verfolgung von Straftaten gespeichert, verändert und genutzt werden.

(7) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei dürfen personenbezogene Daten ohne Einwilligung der betroffenen Person zu wissenschaftlichen Zwecken und zu Zwecken der Ausbildung und Prüfling speichern, verändern oder nutzen. 2Die Daten sind zu anonymisieren und für eine sonstige Verwendung zu sperren. 3Eine Anonymisierung ist nicht erforderlich, wenn wissenschaftliche Zwecke oder Zwecke der Ausbildung entgegenstehen und die Interessen der betroffenen Person nicht offensichtlich überwiegen. 4Die Interessen der betroffenen Person stehen in der Regel einer von Satz 2 abweichenden Verarbeitung entgegen, wenn Daten mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben wurden.

§ 39a
Löschung

1Ist eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung personenbezogener Daten zu einem der in den §§ 38 und 39 genannten Zwecke nicht mehr erforderlich, so sind sie zu löschen. 2Die Löschung unterbleibt, wenn

  1. Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person beeinträchtigt würden, insbesondere weil sie noch nicht nach § 30 Abs. 4 Satz 1 über die Datenerhebung unterrichtet wurde und die Daten für die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gegen die Maßnahme von Bedeutung sein können, oder
  2. diese mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist.

3In diesen Fällen sind die Daten zu sperren.

§ 40
Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

(1) 1Personenbezogene Daten dürfen zu einem anderen Zweck als dem, zu dem sie erlangt oder gespeichert worden sind, nur unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1, 2 und 6 übermittelt werden. 2Die Übermittlung zu einem anderen Zweck ist aktenkundig zu machen. 3Dies gilt nicht für mündliche Auskünfte, wenn zur betroffenen Person keine Unterlagen geführt werden, und nicht für das automatisierte Abrufverfahren.

(2) Wertende Angaben über eine Person, Daten über die in § 31 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 bis 5 genannten Personen sowie nach § 37 Abs. 2 übermittelte Daten über eine Person, die mit einer ausgeschriebenen Person angetroffen worden ist, dürfen nur Polizei- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden.

(3) Die Datenübermittlung zwischen Polizei und Verfassungsschutz erfolgt nach dem Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz.

(4) § 32 Abs. 6 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes findet Anwendung.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sowie § 41 gelten entsprechend, wenn Daten innerhalb der Verwaltungs- oder Polizeibehörden weitergegeben werden

§ 41
Datenübermittlung zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden

1Die Verwaltungs- und Polizeibehörden können untereinander personenbezogene Daten übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung der Aufgabe der Gefahrenabwehr erforderlich ist. 2Dies gilt auch für Datenübermittlungen an die Polizei und sonstige Behörden der Gefahrenabwehr anderer Länder und des Bundes.

§ 42
Automatisiertes Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlung

(1) 1Ein automatisiertes Verfahren, das die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Behörden der Polizei durch Abruf aus einer Datei ermöglicht, darf mit Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums eingerichtet werden. 2Ein solches Verfahren darf nur eingerichtet werden, soweit dies unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des betroffenen Personenkreises und der Aufgaben der beteiligten Stellen angemessen ist. 3In der Zustimmung sind die Datenempfänger, die Art der zu übermittelnden Daten, der Zweck des Abrufs sowie die wesentlichen bei den beteiligten Stellen zu treffenden Maßnahmen zur Kontrolle der Verarbeitung festzulegen. 4Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist vorher zu hören.

(2) 1Die Abrufe im Rahmen eines automatisierten Verfahrens sind für Zwecke der Datenschutzkontrolle zu protokollieren und stichprobenartig in überprüfbarer Form aufzuzeichnen. 2Die Aufzeichnungen sind jeweils am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf regelmäßige Datenübermittlungen entsprechend anzuwenden.

(4) Für die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren und die regelmäßige Datenübermittlung unter Beteiligung von öffentlichen Stellen, die nicht Polizeibehörden sind, gilt § 7 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes oder im Anwendungsbereich des § 23 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes § 31 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes.

(5) Die Polizei kann zur Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr, die nicht nur örtliche Bedeutung haben, an einem Datenverbund der Polizei mit anderen Ländern und dem Bund teilnehmen, der auch eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht, wenn in der hierüber getroffenen Vereinbarung festgelegt ist, welcher Behörde die nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Pflichten einer speichernden Stelle obliegen.

§ 42 a
Regelmäßige Übermittlung von Meldedaten

1Die Meldebehörden übermitteln der Polizei die zur Fortschreibung der polizeilichen Informationssysteme erforderlichen Daten über Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben,

  1. bei der An- und der Abmeldung, bei einer Namensänderung und beim Versterben,
  2. bei der Eintragung, der Verlängerung der Befristung und der Aufhebung einer Auskunftssperre (§ 51 des Bundesmeldegesetzes) sowie
  3. bei der Einrichtung und der Löschung eines bedingten Sperrvermerks (§ 52 des Bundesmeldegesetzes).

2Sind in den polizeilichen Informationssystemen Daten über eine Person bereits enthalten, so werden die nach Satz 1 übermittelten Daten über diese Person in den polizeilichen Informationssystemen gespeichert. 3In den übrigen Fällen werden die Daten unverzüglich gelöscht. 4Im Übrigen ist die Verordnung nach § 8 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesmeldegesetz ergänzend anzuwenden.

§ 43
Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen

(1) Die Verwaltungs- und Polizeibehörden können personenbezogene Daten an andere öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies

  1. zur Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden Stelle,
  2. zur Abwehr einer Gefahr durch den Empfänger oder
  3. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Abwehr einer schwer wiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer Person

erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten können an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden, soweit dies

  1. in einem Gesetz, einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften oder einem internationalen Vertrag geregelt ist oder
  2. zur Abwehr einer Gefahr durch die übermittelnde Stelle oder zur Abwehr einer erheblichen Gefahr durch den Empfänger

erforderlich ist.

(3) Für die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben worden sind, gilt in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2 § 39 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

(4) 1In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 darf die Übermittlung an eine ausländische öffentliche Stelle oder an eine über- und zwischenstaatliche Stelle nur erfolgen, wenn für diese Stelle den Vorschriften dieses Gesetzes vergleichbare Datenschutzregelungen gelten. 2Satz 1 gilt nicht, soweit unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Person und der Bedeutung, die der Erfüllung der Aufgabe der Gefahrenabwehr zukommt, Belange der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit überwiegen.

(5) Eine Übermittlung nach Absatz 2 darf nicht erfolgen, soweit Grund zu der Annahme besteht, dass die Übermittlung einen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts, insbesondere gegen Grundrechte, zur Folge haben würde.

§ 44
Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, Bekanntgabe an die Öffentlichkeit

(1) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit dies

  1. zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist ,
  2. die Empfänger ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft machen und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt, oder
  3. sie im öffentlichen Interesse liegt oder hierfür ein berechtigtes Interesse geltend gemacht wird und die Betroffenen in diesen Fällen der Übermittlung nicht widersprochen haben.

2In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 sind die Betroffenen über die beabsichtigte Übermittlung, die Art der zu übermittelnden Daten und den Verwendungszweck in geeigneter Weise und rechtzeitig zu unterrichten.3Die übermittelnde Stelle hat die Empfänger zu verpflichten, die Daten nur für die Zwecke zu verarbeiten, zu denen sie ihnen übermittelt werden. 4Für die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben worden sind, gilt § 39 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

(2) 1Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können Daten und Abbildungen einer Person zum Zweck der Ermittlung der Identität oder des Aufenthaltsortes oder zur Warnung öffentlich bekannt geben, wenn

  1. die Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben auf andere Weise nicht möglich erscheint oder
  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen wird, und die Verhütung dieser Straftat auf andere Weise nicht möglich erscheint.

2§ 40 Abs. 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Warnung mit einer wertenden Angabe über die Person verbunden ist.

§ 45
Datenabgleich

(1) 1Die Polizei kann von ihr rechtmäßig erlangte personenbezogene Daten mit Dateien abgleichen, die der Suche nach Personen oder Sachen dienen. 2Die Polizei kann darüber hinaus jedes amtliche Kennzeichen von Kraftfahrzeugen mit den in Satz 1 genannten Dateien abgleichen, wenn dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. 3Ein Abgleich der nach § 31 Abs. 3 erhobenen Daten ist nur mit Zustimmung der betroffenen Person zulässig. 4Die Polizei kann personenbezogene Daten mit dem Inhalt anderer von ihr geführter Dateien im Rahmen der Zweckbestimmung dieser Dateien abgleichen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe der Gefahrenabwehr erforderlich ist. 5Satz 4 gilt für Verwaltungsbehörden entsprechend.

(2) Wird eine Person zur Durchführung einer Maßnahme angehalten und kann der Datenabgleich nach Absatz 1 Satz 1 nicht bis zum Abschluss dieser Maßnahme vorgenommen werden, so darf sie weiterhin für den Zeitraum fest gehalten werden, der regelmäßig für die Durchführung eines Datenabgleichs notwendig ist.

§ 45a
Datenabgleich mit anderen Dateien

(1) 1Die Polizei kann von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen die Übermittlung von personenbezogenen Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien (Namen, Anschriften, Tag und Ort der Geburt sowie andere im Einzelfall erforderliche Merkmale) zum Zweck des Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, wenn die Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt werden kann, dass durch eine Straftat die Sicherheit oder der Bestand des Bundes oder eines Landes oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person geschädigt werden oder dass schwere Schäden für die Umwelt oder für Sachen entstehen, deren Erhalt im öffentlichen Interesse geboten ist. 2Ist ein Aussondern der zu übermittelnden Daten nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, so dürfen die nach Satz 1 Verpflichteten die weiteren Daten ebenfalls übermitteln. 3Die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die einem Amts- oder Berufsgeheimnis unterliegen, darf nicht verlangt werden.

(2) 1Die Maßnahme nach Absatz 1 bedarf der schriftlich begründeten Anordnung durch die Behördenleitung und der Zustimmung des Niedersächsischen für Inneres zuständigen Ministeriums. 2Von der Maßnahme ist die Landesbeauftragte oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz unverzüglich zu unterrichten.

§ 46
Dateibeschreibung

(1) Die Dateibeschreibung für die in einer polizeilichen Datei zu speichernden Daten erlässt die Behördenleitung.

(2) Die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung von Dateien ist spätestens nach Ablauf von vier Jahren seit ihrer Errichtung zu prüfen.

§ 47
Prüffristen

(1) 1Für jede Person, über die personenbezogene Daten in einer Datei gespeichert sind, ist nach Ablauf bestimmter Fristen zu prüfen, ob personenbezogene Daten zu berichtigen, zu löschen oder zu sperren sind. 2Die Fristen dürfen

  1. bei Erwachsenen zehn Jahre,
  2. bei Minderjährigen fünf Jahre und
  3. bei Minderjährigen, die das 14.Lebensjahr nicht vollendet haben, zwei Jahre

nicht überschreiten. 3Die Frist beginnt mit der ersten Speicherung eines personenbezogenen Datums. 4Verbüßt die Person eine Freiheitsstrafe oder ist gegen sie eine mit Freiheitsentzug verbundene Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, so beginnt die Frist mit der Entlassung.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf personenbezogene Daten Dritter in Kriminalakten und auf personenbezogene Daten in Sachakten.

(3) 1Die Pflicht, einzelne Daten unabhängig von einer nach Absatz 1 bestimmten Frist zu berichtigen, zu löschen oder zu sperren, bleibt unberührt. 2Artikel 18 Abs. 1 Buchst. a der Datenschutz-Grundverordnung oder im Anwendungsbereich des § 23 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes § 52 Abs. 1 Satz 4 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes ist nicht anzuwenden.

§ 48
Anwendung des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes

Bei der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1, 4 und 5 dieses Gesetzes durch die Verwaltungsbehörden und die Polizei finden die Vorschriften des Kapitels II der Datenschutz-Grundverordnung und der §§ 4 bis 6 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes sowie im Anwendungsbereich des § 23 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes die Vorschriften der §§ 25 bis 27, 29 bis 32 und das Dritte Kapitel des Zweiten Teils des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes nur Anwendung, soweit in diesem Gesetz ausdrücklich auf diese Vorschriften verwiesen wird.

§ 49
- aufgehoben -

V i e r t e r   T e i l
Vollzug

§ 50
Verwaltungsvollzugsbeamtinnen, Verwaltungsvollzugsbeamte

(1) 1Die Verwaltungsbehörden vollziehen ihre Aufgaben grundsätzlich selbst. 2Hierzu haben sie nach Maßgabe der in Absatz 2 genannten Verordnung Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamte zu bestellen.

(2) Das für Inneres zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Fachministerium durch Verordnung zu regeln

  1. die Aufgaben, für die die Verwaltungsbehörden Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamte zu bestellen haben,
  2. die Aufgaben, für die die Verwaltungsbehörden über ihre Verpflichtung nach Nummer 1 hinaus berechtigt sind, Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamte zu bestellen,
  3. die allgemeinen Voraussetzungen und das Verfahren für die Bestellung von Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamten sowie die Notwendigkeit der Bestätigung durch die Fachaufsichtsbehörde in bestimmten Fällen,
  4. die Befugnisse (§§ 11 bis 48) und die Zwangsbefugnisse ( §§ 64 bis 79), die die Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamten besitzen.

§ 51
Vollzugshilfe

(1) Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen.

(2) 1Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. 2Im Übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.

(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 52
Verfahren bei Vollzugshilfeersuchen

(1) Vollzugshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen; sie haben den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme anzugeben.

(2) 1In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden. 2Es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.

(3) Die ersuchende Behörde ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.

§ 53
Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, so ist auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen. zu bezeichnen.

(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, so hat die Polizei die fest gehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(3) Die §§ 20 und 21 gelten entsprechend

F ü n f t e r   T e i l
Verordnungen

§ 54
Anwendung

1Die Vorschriften des Fünften Teils finden Anwendung auf Verordnungen nach § 55. Werden Verordnungen auf Grund des § 55 und zugleich auf Grund anderer Rechtsgrundlagen erlassen, so gilt Satz 1 nur für die auf § 55 gestützten Vorschriften dieser Verordnungen.

§ 55
Verordnungsermächtigung

(1) Zur Abwehr abstrakter Gefahren werden zum Erlass von Verordnungen ermächtigt:

  1. die Gemeinden für ihren Bezirk oder für Teile ihres Bezirks,
  2. die Landkreise für ihren Bezirk oder für Teile des Bezirks, an denen mehr als eine Gemeinde beteiligt ist,
  3. die Polizeidirektionen für ihren Bezirk oder für Teile des Bezirks, an denen mehr als ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt beteiligt ist,
  4. das für Inneres zuständige Ministerium und im Einvernehmen mit ihm die Fachministerien für das Land oder für Teile des Landes, an denen mehr als ein Bezirk einer Polizeidirektion beteiligt ist.

(2) 1Die Gemeinden und Landkreise erlassen die Verordnungen nach den für Satzungen geltenden Vorschriften. 2Bei Gefahr im Verzuge erlassen die Hauptverwaltungsbeamtinnen oder die Hauptverwaltungsbeamten die Verordnungen (Eilverordnungen); sie haben die Vertretungskörperschaften unverzüglich hiervon zu unterrichten.

§ 56
- aufgehoben -

§ 57
Inhalt

(1) Der Inhalt der Verordnungen muss bestimmt sein.

(2) Auf Regelungen außerhalb der Verordnung darf nur verwiesen werden, wenn sie in anderen Verordnungen derselben Behörde, in Verordnungen übergeordneter Behörden oder in Gesetzen enthalten sind.

§ 58
Formvorschriften

Eine Verordnung muss

  1. eine ihren Inhalt kennzeichnende Überschrift tragen,
  2. in der Überschrift als Verordnung bezeichnet sein,
  3. die Behörde bezeichnen, die sie erlassen hat,
  4. die Rechtsgrundlage angeben,
  5. den räumlichen Geltungsbereich angeben,
  6. unterzeichnet sein und das Datum der Ausfertigung enthalten.

§ 59
Zuwiderhandlungen

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Geboten oder Verboten einer Verordnung zuwiderhandelt, soweit die Verordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

§ 60
Verkündung und In-Kraft-Treten

1Die Verordnungen können als Tag des In-Kraft-Tretens frühestens den Tag nach ihrer Verkündung angeben. 2Bei gegenwärtiger erheblicher Gefahr kann eine Verordnung mit ihrer Verkündung in Kraft treten.

§ 61
Geltungsdauer

1Die Verordnungen sollen eine Beschränkung ihrer Geltungsdauer enthalten. 2Sie treten spätestens 20 Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten außer Kraft.

§ 62
Änderung und Aufhebung von Verordnungen durch die Fachaufsicht

(1) 1Die Fachaufsichtsbehörden können verlangen, dass Verordnungen geändert oder aufgehoben werden. 2Sie können Verordnungen auch ganz oder teilweise aufheben. 3Die Aufhebung ist wie die aufgehobene Verordnung zu veröffentlichen.

(2) 1Verordnungen nachgeordneter Behörden können in Verordnungen übergeordneter Behörden, die denselben Gegenstand regeln, geändert oder aufgehoben werden. 2Das gilt auch im Verhältnis der Landkreise zu den großen selbstständigen Städten.

§ 63
Gebietsänderungen; Neubildung von Behörden

(1) 1Werden die Bezirke von Verwaltungsbehörden durch Eingliederung von Gebietsteilen erweitert, so treten von diesem Zeitpunkt an in den eingegliederten Gebietsteilen die Verordnungen in Kraft, die in dem Bezirk der aufnehmenden Verwaltungsbehörde gelten; die in den eingegliederten Gebietsteilen bisher geltenden Verordnungen treten außer Kraft. 2Eine abweichende Regelung kann durch eine mit der Eingliederung in Kraft tretende Verordnung der gemeinsamen Fachaufsichtsbehörde getroffen werden.

(2) 1Wird aus Gemeinden, Landkreisen oder Polizeidirektionen oder Teilen von ihnen eine neue Verwaltungsbehörde gebildet, so treten in diesem Bezirk die Verordnungen der betroffenen Behörden spätestens ein Jahr nach der Neubildung außer Kraft. 2Dies gilt nicht für Verordnungen von Gemeinden und Landkreisen, deren Bezirk durch die Zusammenlegung nicht verändert wird.

(3) Die Erweiterung des Geltungsbereichs und das Außer-Kraft-Treten von Verordnungen sind wie Verordnungen bekannt zu machen.

S e c h s t e r   T e i l
Zwang

1.   A b s c h n i t t
Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen

§ 64
Zulässigkeit, Zuständigkeit, Wirkung von Rechtsbehelfen

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.

(2) 1Zwangsmittel können ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies

  1. zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr, insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den §§ 6 bis 8 nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, oder
  2. zur Durchsetzung gerichtlich angeordneter Maßnahmen, die der Verwaltungsbehörde oder der Polizei obliegen,

erforderlich ist und die Verwaltungsbehörde oder die Polizei hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt. 2Die betroffene Person ist zu benachrichtigen. 3In den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 kann das Zwangsmittel der Ersatzvornahme auch gegen eine nach § 7 verantwortliche juristische Person des öffentlichen Rechts angewendet werden, sofern diese dadurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert wird.

(3) 1Für die Anwendung von Zwangsmitteln ist die Verwaltungs- oder die Polizeibehörde zuständig, die für den Erlass des Verwaltungsaktes zuständig ist. 2Soweit Verwaltungsakte von obersten Landesbehörden oder von besonderen Verwaltungsbehörden erlassen werden, wird das für Inneres zuständige Ministerium ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Fachministerium durch Verordnung die Zuständigkeit abweichend zu regeln.

(4) 1Rechtsbehelfe gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung. 2§ 80 Abs. 4 bis 8 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden.

§ 65
Zwangsmittel

(1) Zwangsmittel sind:

  1. Ersatzvornahme (§ 66),
  2. Zwangsgeld (§ 67),
  3. unmittelbarer Zwang (§ 69).

(2) Sie sind nach Maßgabe der §§ 70 und 74 anzudrohen.

(3) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewendet und solange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat.

§ 66
Ersatzvornahme

(1) 1Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt, so kann die Verwaltungsbehörde oder die Polizei auf Kosten der betroffenen Person die Handlung selbst ausführen oder eine andere Person mit der Ausführung beauftragen. 2Für die zusätzlich zur Ausführung der Handlung erforderlichen Amtshandlungen werden Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes erhoben.

(2) 1Es kann bestimmt werden, dass die betroffene Person die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Voraus zu zahlen hat. 2Werden die Kosten der Ersatzvornahme nicht fristgerecht gezahlt, so können sie im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. 3Die Beitreibung der voraussichtlichen Kosten unterbleibt, wenn die gebotene Handlung ausgeführt wird.

§ 67
Zwangsgeld

(1) 1Das Zwangsgeld wird auf mindestens 5 und auf höchstens 50.000 Euro schriftlich festgesetzt. 2Bei seiner Bemessung ist auch das wirtschaftliche Interesse der betroffenen Person an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen.

(2) 1Mit der Festsetzung des Zwangsgeldes ist der betroffenen Person eine angemessene Frist zur Zahlung einzuräumen. 2Eine Beitreibung unterbleibt, wenn die gebotene Handlung ausgeführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet wird.

§ 68
Ersatzzwangshaft

(1) 1Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Amtsgericht auf Antrag der Verwaltungsbehörde oder der Polizei die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes darauf hingewiesen worden ist. 2Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen.

(2) 1Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. 2Hat die Person in Niedersachsen keinen gewöhnlichen Aufenthalt oder lässt sich der gewöhnliche Aufenthalt nicht feststellen, so ist das Amtsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde oder die Polizeibehörde, die den Antrag stellt, ihren Sitz hat. 3Im Übrigen gilt für das gerichtliche Verfahren § 19 Abs. 4 entsprechend. 4Gerichtliche Entscheidungen, die die Zwangshaft anordnen, werden mit der Rechtskraft wirksam.

(3) 1Die für die Vollstreckung erforderlichen Entscheidungen trifft das Amtsgericht auf Antrag der Verwaltungsbehörde oder der Polizeibehörde. 2Die § 802 g Abs. 2 und § 802 h der Zivilprozessordnung gelten entsprechend; im Übrigen ist Absatz 2 anzuwenden.

§ 69
Unmittelbarer Zwang

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel).

(4) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen.

(5) Wird die Bundespolizei zur Unterstützung der niedersächsischen Polizei im Gebiet des Landes Niedersachsen nach § 103 Abs. 3 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in den Fällen des Artikels 35 Abs. 2 Satz 1 oder des Artikels 91 Abs. 1 des Grundgesetzes eingesetzt, so sind für die Bundespolizei auch die in Absatz 4 nicht genannten Waffen, die er auf Grund Bundesrechts am 1.Juli 1982 führen darf, zugelassen (besondere Waffen).

(6) Die Verwaltungsbehörden oder die Polizei können unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen.

(7) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen.

(8) 1Unmittelbaren Zwang dürfen die mit polizeilichen Befugnissen betrauten Personen anwenden, wenn sie hierzu ermächtigt sind. 2Die Ermächtigung zum Gebrauch von Maschinenpistolen darf nur Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die Ermächtigung zum Gebrauch anderer Waffen im Sinne von Absatz 4 nur Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, Hilfspolizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamten, Forstbeamtinnen und Forstbeamten oder bestätigten Jagdaufseherinnen und bestätigten Jagdaufsehern erteilt werden. 3Zuständig für die Erteilung der Ermächtigung sind das für Inneres zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Fachministerium oder die von ihnen bestimmten Stellen.

(9) Sprengmittel dürfen nur durch hierfür besonders ermächtigte Personen gebraucht und nur gegen Sachen angewendet werden.

§ 70
Androhung der Zwangsmittel

(1) 1Zwangsmittel sind, möglichst schriftlich, anzudrohen.2 Der betroffenen Person ist in der Androhung zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu setzen; eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. 3Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist.

(2) 1Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. 2Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.

(3) 1Die Androhung muss sich auf bestimmte Zwangsmittel beziehen. 2Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, so ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen.

(4) Wird Ersatzvornahme angedroht, so sollen in der Androhung die voraussichtlichen Kosten angegeben werden.

(5) Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Für die Androhung unmittelbaren Zwangs gilt § 74 ergänzend.

2.   A b s c h n i t t
Ausübung unmittelbaren Zwangs

§ 71
Rechtliche Grundlagen

(1) Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwangs gelten die §§ 72 bis 79 und, soweit sich aus diesen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes.

(2) Die zivil- und strafrechtlichen Wirkungen nach den Vorschriften über Notwehr und Notstand bleiben unberührt.

§ 72
Handeln auf Anordnung

(1) 1Die zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugten Personen sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der von Weisungsberechtigten angeordnet wird. 2Dies gilt nicht, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist.

(2) 1Eine Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. 2Befolgt die zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugte Person die Anordnung trotzdem, so trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennt oder wenn es nach den ihr bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung sind der Anordnenden oder dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit dies nach den Umständen möglich ist.

(4) § 36 Abs. 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes ist nicht anzuwenden.

§ 73
Hilfeleistung für Verletzte

Wird unmittelbarer Zwang angewandt, so ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zulässt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen.

§ 74
Androhung unmittelbaren Zwangs

(1) 1Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. 2Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. 3Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.

(2) Schusswaffen und besondere Waffen dürfen nur dann ohne Androhung gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(3) 1Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. 2Der Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch von Schusswaffen zu wiederholen.

(4) Die Anwendung von technischen Sperren und der Einsatz von Dienstpferden brauchen nicht angedroht zu werden.

§ 75
Fesselung von Personen

Eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften fest gehalten wird, darf gefesselt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

  1. Personen angreifen, Widerstand leisten oder Sachen beschädigen wird,
  2. fliehen wird oder befreit werden soll oder
  3. sich töten oder verletzen wird.

§ 76
Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch

(1) 1Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos angewandt sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. 2Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.

(2) 1Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. 2Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.

(3) 1Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schusswaffen nicht gebraucht werden. 2Dies gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.

(4) 1Der Schusswaffengebrauch ist unzulässig, wenn für die Beamtin oder den Beamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. 2Dies gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.

§ 77
Schusswaffengebrauch gegen Personen

(1) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden,

  1. um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren,
  2. um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schusswaffen oder Explosivmitteln zu verhindern,
  3. um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie
    a) eines Verbrechens dringend verdächtig ist oder
    b) eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt,
  4. zur Vereitelung der Flucht oder zur Ergreifung einer Person, die in amtlichem Gewahrsam zu halten oder ihm zuzuführen ist
    a) auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Verbrechens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Verbrechens oder
    b) auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Vergehens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Vergehens, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt,
  5. um die gewaltsame Befreiung einer Person aus amtlichem Gewahrsam zu verhindern oder in den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes, des § 92 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 2 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes und des § 96 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 2 des Niedersächsischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes, auch soweit für den Vollzug anderer freiheitsentziehender Maßnahmen auf diese Vorschriften verwiesen wird.

(2) Schusswaffen dürfen nach Absatz 1 Nr. 4 nicht gebraucht werden, wenn es sich um den Vollzug eines Jugendarrestes oder eines Strafarrestes handelt oder wenn die Flucht aus einer offenen Anstalt verhindert werden soll.

§ 78
Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge

(1) Schusswaffen dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nur gebraucht werden, wenn von ihr oder aus ihr heraus schwerwiegende Gewalttaten begangen werden oder unmittelbar bevorstehen und andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.

(2) Wer sich aus einer solchen Menschenmenge nach wiederholter Androhung des Schusswaffengebrauchs nicht entfernt, obwohl ihm dies möglich ist, ist nicht als Unbeteiligter (§ 76 Abs. 4) anzusehen.

§ 79
Besondere Waffen, Sprengmittel

(1) Besondere Waffen dürfen gegen Personen nur in den Fällen des § 77 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 und nur dann eingesetzt werden, wenn

  1. diese Personen von Schusswaffen oder Explosivmitteln Gebrauch gemacht haben,
  2. der vorherige Gebrauch anderer Schusswaffen erfolglos geblieben ist

und das für Inneres zuständige Ministerium oder eine von diesem im Einzelfall beauftragte Person zugestimmt hat.

(2) 1Besondere Waffen dürfen nicht gebraucht werden, um fluchtunfähig zu machen. 2Explosivmittel dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nicht gebraucht werden.

(3) Im Übrigen bleiben die Vorschriften über den Schusswaffengebrauch unberührt.

(4) Sprengmittel dürfen gegen Personen nicht angewandt werden.

S i e b e n t e r   T e i l
Schadensausgleich, Erstattungs- und Ersatzansprüche

§80
Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände

(1) 1Erleidet eine Person infolge einer rechtmäßigen Inanspruchnahme nach § 8 einen Schaden, so ist ihr ein angemessener Ausgleich zu gewähren. 2Das Gleiche gilt, wenn eine Person durch eine rechtswidrige Maßnahme der Verwaltungsbehörde oder der Polizei einen Schaden erleidet.

(2) Der Ausgleich ist auch Personen zu gewähren, die mit Zustimmung der Verwaltungsbehörde oder der Polizei bei der Erfüllung von Aufgaben der Verwaltungsbehörde oder der Polizei freiwillig mitgewirkt oder Sachen zur Verfügung gestellt haben und dadurch einen Schaden erlitten haben.

(3) Weiter gehende Ersatzansprüche, insbesondere aus Amtspflichtverletzung, bleiben unberührt.

§ 81
Inhalt, Art und Umfang des Schadensausgleichs

(1) 1Der Ausgleich nach § 80 wird grundsätzlich nur für Vermögensschaden gewährt. 2Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgelts hinausgeht, und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Maßnahme der Verwaltungsbehörde oder der Polizei stehen, ist ein Ausgleich nur zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.

(2) Bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder bei einer Freiheitsentziehung ist auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen auszugleichen.

(3) 1Der Ausgleich wird in Geld gewährt. 2Hat die zum Ausgleich verpflichtende Maßnahme die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine Vermehrung der Bedürfnisse oder den Verlust oder die Beeinträchtigung eines Rechts auf Unterhalt zur Folge, so ist der Ausgleich durch Entrichtung einer Rente zu gewähren. 3§ 760 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist anzuwenden. 4Statt der Rente kann eine Abfindung in Kapital verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 5Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine andere Person der geschädigten Person Unterhalt zu gewähren hat.

(4) Stehen der geschädigten Person Ansprüche gegen Dritte zu, so ist, soweit diese Ansprüche nach Inhalt und Umfang dem Ausgleichsanspruch entsprechen, der Ausgleich nur gegen Abtretung dieser Ansprüche zu gewähren.

(5) 1Bei der Bemessung des Ausgleichs sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Art und Vorhersehbarkeit des Schadens. 2Ein Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn die Maßnahme der Verwaltungsbehörde oder der Polizei auch unmittelbar dem Schutz der geschädigten Person oder deren Vermögen gedient hat. 3§ 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend.

§ 82
Ansprüche mittelbar Geschädigter

Im Falle der Tötung ist § 844 des Bürgerlichen Gesetzbuches im Rahmen des § 81 Abs. 5 entsprechend anzuwenden.

§ 83
Verjährung des Ausgleichsanspruchs

Der Anspruch auf den Ausgleich verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem die Geschädigte oder der Geschädigte, im Fall des § 82 die Anspruchsberechtigte oder der Anspruchsberechtigte, von dem Schaden und der zum Ausgleich verpflichteten Person Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des schädigenden Ereignisses an.

§ 84
Ausgleichspflichtige; Erstattungsansprüche

(1) Ausgleichspflichtig ist die Körperschaft, in deren Dienst diejenige Person steht, die die Maßnahme getroffen hat (Anstellungskörperschaft).

(2) Hat die Person für die Behörde einer anderen Körperschaft gehandelt, so ist diese Körperschaft ausgleichspflichtig.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 2 ein Ausgleich nur wegen der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme zu gewähren, so kann die ausgleichspflichtige Körperschaft von der Anstellungskörperschaft Erstattung ihrer Aufwendungen verlangen, es sei denn, dass sie selbst die Verantwortung für die Art und Weise der Durchführung trägt.

§ 85
Rückgriff gegen Verantwortliche

(1) 1Die nach § 84 ausgleichspflichtige Körperschaft kann von den nach § 6 oder 7 Verantwortlichen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, wenn sie auf Grund des § 80 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 einen Ausgleich gewährt hat. 2Die zu erstattende Leistung ist durch Leistungsbescheid festzusetzen.

(2) Sind mehrere Personen nebeneinander verantwortlich, so haften sie gesamtschuldnerisch.

§ 86
Rechtsweg

Für Ansprüche auf Schadensausgleich ist der ordentliche Rechtsweg, für die Ansprüche auf Erstattung und Ersatz von Aufwendungen nach § 84 Abs. 3 oder § 85 der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

A c h t e r   T e i l
Organisation der Polizei und der Verwaltungsbehörden

1.   A b s c h n i t t
Polizei

§ 87
Polizeibehörden

(1) Polizeibehörden sind:

  1. das Landeskriminalamt,
  2. die Polizeibehörde für zentrale Aufgaben (Zentrale Polizeidirektion),
  3. die Polizeidirektionen.

(2) Der Bezirk des Landeskriminalamtes und der Bezirk der Polizeibehörde für zentrale Aufgaben erstrecken sich auf das Gebiet des Landes.

§ 88
- aufgehoben -

§ 89
- aufgehoben -

§ 90
Polizeidirektionen

(1) Es werden die Polizeidirektionen Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück eingerichtet.

(2) Die Bezirke werden wie folgt abgegrenzt:

  1. Die Polizeidirektion Braunschweig umfasst das Gebiet der Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Wolfenbüttel, der kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg.
  2. Die Polizeidirektion Göttingen umfasst das Gebiet der Landkreise Göttingen, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Nienburg (Weser), Northeim, Schaumburg.
  3. Die Polizeidirektion Hannover umfasst das Gebiet der Region Hannover.
  4. Die Polizeidirektion Lüneburg umfasst das Gebiet der Landkreise Celle, Harburg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Rotenburg (Wümme), Soltau-Fallingbostel, Stade, Uelzen sowie das Gebiet östlich der Linie, die in der als Anlage zu diesem Gesetz beigefügten Karte im Küstengewässer eingezeichnet ist und die Bezirke der Polizeidirektion Oldenburg und der Polizeidirektion Lüneburg trennt. Die Karte ist insoweit verbindlich.
  5. Die Polizeidirektion Oldenburg umfasst das Gebiet der Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Cuxhaven, Diepholz, Friesland, Oldenburg, Osterholz, Vechta, Verden, Wesermarsch sowie der kreisfreien Städte Delmenhorst, Oldenburg, Wilhelmshaven sowie das Gebiet zwischen den beiden Linien, die in der als Anlage zu diesem Gesetz beigefügten Karte im Küstengewässer eingezeichnet sind und die Bezirke der Polizeidirektionen Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück begrenzen. Die Karte ist insoweit verbindlich.
  6. Die Polizeidirektion Osnabrück umfasst das Gebiet der Landkreise Aurich, Grafschaft Bentheim, Emsland, Leer, Osnabrück, Wittmund sowie der kreisfreien Städte Emden, Osnabrück sowie das Gebiet westlich der Linie, die in der als Anlage zu diesem Gesetz beigefügten Karte im Küstengewässer eingezeichnet ist und insoweit die Bezirke der Polizeidirektion Oldenburg und der Polizeidirektion Osnabrück trennt. Die Karte ist insoweit verbindlich.

§ 91
- aufgehoben -

§ 92
- aufgehoben -

§ 93
- aufgehoben -

§ 94
Aufsicht über die Polizeibehörden

Die Fach- und Dienstaufsicht über die Polizeibehörden obliegt dem für Inneres zuständigen Ministerium.

§ 95
Hilfspolizeibeamtinnen, Hilfspolizeibeamte

1Die Polizeibehörden können, wenn ein Bedürfnis dafür besteht, Hilfspolizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamte bestellen und diesen polizeiliche Aufgaben zur Wahrnehmung übertragen. 2Diese sind insoweit zur Ausübung polizeilicher Befugnisse berechtigt

2.   A b s c h n i t t
Verwaltungsbehörden

§ 96
- aufgehoben -

§ 97
Sachliche Zuständigkeiten der Verwaltungsbehörden

(1) Zuständige Verwaltungsbehörden für Aufgaben der Gefahrenabwehr sind die Gemeinden, soweit für diese Aufgaben keine besondere Zuständigkeitsregelung besteht.

(2) Für die zur Einhaltung von Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts notwendigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist die Behörde zuständig, der nach der jeweiligen Rechtsvorschrift die Aufgabenerfüllung im Übrigen obliegt, soweit keine andere Zuständigkeitsregelung besteht.

(3) 1Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben der Gefahrenabwehr anders als in Absatz 1 zu regeln, wenn die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Gemeinden einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde oder aus anderen Gründen unzweckmäßig wäre. 2Sie kann die Ermächtigung für bestimmte Aufgaben durch Verordnung auf das fachlich zuständige Ministerium übertragen.

(4) 1Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben im Sinne des Absatzes 1 den Polizeibehörden oder einzelnen Polizeibehörden zu übertragen, wenn dies zur sachgerechten Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist. 2Sie kann die Ermächtigung für bestimmte Aufgaben durch Verordnung auf das fachlich zuständige Ministerium übertragen.

(5) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung einem Ministerium die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben im Sinne des Absatzes 1 zu übertragen, wenn es sich um Aufgaben handelt, die ihrem Wesen nach nur von einer obersten Landesbehörde wahrgenommen werden können.

(6) Den Gemeinden und Landkreisen obliegen die Aufgaben nach Absatz 1 im übertragenen Wirkungskreis.

§ 98
Aufsicht über die Verwaltungsbehörden

1Bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 97 führen die Fachaufsicht

  1. über die kreisangehörigen Gemeinden mit Ausnahme der großen selbständigen Städte die Landkreise und die Fachministerien,
  2. über die Landkreise, kreisfreien Städte und großen selbständigen Städte sowie über die Polizeibehörden und die sonstigen Verwaltungsbehörden die Fachministerien.

2Im Bereich seiner Zuständigkeit kann das für Inneres zuständige Ministerium durch Verordnung die Aufsicht auf andere Stellen übertragen, soweit dies zur sachgerechten Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist. 3In diesem Fall wird das Ministerium oberste Aufsichtsbehörde.

§ 99
Gefahrenabwehr außerhalb der Dienstzeit

Die Verwaltungsbehörden haben sicherzustellen, dass Aufgaben der Gefahrenabwehr auch außerhalb der Dienstzeit wahrgenommen werden können.

N e u n t e r   T e i l
Zuständigkeiten

§ 100
Örtliche Zuständigkeit, außerordentliche örtliche Zuständigkeit

(1) 1Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Polizeibehörden ist grundsätzlich auf ihren Bezirk beschränkt. 2Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. 3Wird eine Gefahr, die sich in anderen Bezirken auswirkt, von einer Person verursacht, so ist auch die Behörde zuständig, in deren Bezirk die Person wohnt, sich aufhält oder ihren Sitz hat.

(2) 1Die Polizeidirektionen werden ermächtigt, durch Verordnung Flächen, die weder Gemeindegebiet noch gemeindefreies Gebiet im Sinne des § 16 Abs. 3 der Niedersächsischen Gemeindeordnung sind, dem Bezirk einer Gemeinde zuzuweisen. 2Bei den kreisangehörigen Gemeinden erweitert sich damit auch der Bezirk des Landkreises.

(3) 1Erfordert die Wahrnehmung von Aufgaben auch Maßnahmen in anderen Bezirken, so wirkt die Verwaltungsbehörde oder die Polizeibehörde des anderen Bezirks auf Ersuchen der nach Absatz 1 zuständigen Behörde mit; schriftliche Verwaltungsakte erlässt die zuständige Behörde stets selbst. 2Die nach Absatz 1 zuständige Behörde kann die Maßnahmen im anderen Bezirk auch ohne Mitwirkung der Verwaltungsbehörde oder der Polizeibehörde des anderen Bezirks treffen

  1. bei Gefahr im Verzuge,
  2. zur Fortsetzung einer im eigenen Bezirk begonnenen Maßnahme oder
  3. mit Zustimmung der für den anderen Bezirk zuständigen Behörde.

3In den Fällen des Satzes 2 Nrn.1 und 2 unterrichtet sie unverzüglich die für den anderen Bezirk zuständige Behörde.

(4) 1Kann eine Aufgabe, die die Bezirke mehrerer Verwaltungsbehörden oder Polizeibehörden berührt, zweckmäßig nur einheitlich wahrgenommen werden, so bestimmt die den beteiligten Verwaltungsbehörden oder Polizeibehörden gemeinsam vorgesetzte Fachaufsichtsbehörde die zuständige Verwaltungsbehörde oder Polizeibehörde. 2Die Zuweisung von Verfahren in Angelegenheiten der Kriminalitätsbekämpfung obliegt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 dem Landeskriminalamt. 3Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.

(5) 1Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind im Gebiet des Landes Niedersachsen befugt, Amtshandlungen auch außerhalb des Bezirks der Polizeibehörde, der sie angehören, vorzunehmen

  1. bei Gefahr im Verzuge,
  2. auf Anforderung oder mit Zustimmung der zuständigen Behörde,
  3. aus Anlass der Begleitung oder Bewachung von Personen oder Sachen,
  4. zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten oder
  5. zur Verfolgung und Wiederergreifung Entwichener.

2Für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die keiner Polizeibehörde angehören, gilt Satz 1 entsprechend.

(6) 1In den Fällen des Absatzes 4 nehmen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die Amtshandlungen für die Verwaltungsbehörde oder Polizeibehörde wahr, in deren Bezirk sie tätig werden. 2Sie haben diese Behörde unverzüglich zu unterrichten, soweit es sich nicht um abschließende Amtshandlungen von geringfügiger Bedeutung handelt. 3Soweit in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nrn. 4 und 5 Maßnahmen schon von anderen Verwaltungsbehörden oder Polizeibehörden eingeleitet worden sind, nehmen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die Aufgaben für diese Behörden wahr.

§ 101
- aufgehoben -

§ 102
Außerordentliche sachliche Zuständigkeit

(1) 1Die Fachaufsichtsbehörden können in ihrem Bezirk einzelne Maßnahmen zur Gefahrenabwehr an Stelle und auf Kosten der sachlich zuständigen Verwaltungsbehörde oder Polizeibehörde treffen, wenn dies zur sachgerechten Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist. 2Sie haben die zuständige Verwaltungsbehörde oder Polizeibehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) 1Sachlich nicht zuständige Verwaltungsbehörden oder Polizeibehörden oder die Fachministerien können bei Gefahr im Verzuge einzelne Maßnahmen zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr an Stelle und auf Kosten der zuständigen Verwaltungsbehörde oder Polizeibehörde treffen. 2Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) 1Das für Inneres zuständige Ministerium kann Aufgaben der Polizei (§ 1) vorübergehend übernehmen oder einer anderen Polizeibehörde übertragen, wenn es zur sachgerechten Erfüllung dieser Aufgaben geboten ist. 2Übernimmt das für Inneres zuständige Ministerium polizeiliche Aufgaben, so hat es insoweit die Stellung einer Polizeibehörde.

§ 103
Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anderer Länder und des Bundes sowie von Bediensteten ausländischer Staaten

(1) 1Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte eines anderen Landes können im Gebiet des Landes Niedersachsen Amtshandlungen vornehmen

  1. auf Anforderung oder mit Zustimmung der zuständigen Behörde,
  2. in den Fällen des Artikels 35 Abs. 2 und 3 und des Artikels 91 Abs. 1 des Grundgesetzes,
  3. zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr, zur Verfolgung von Straftaten auf frischer Tat sowie zur Verfolgung und Wiederergreifung Entwichener, wenn die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann,
  4. zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben bei Gefangenentransporten oder
  5. zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zur Gefahrenabwehr in den durch Verwaltungsabkommen mit anderen Ländern geregelten Fällen.

2In den Fällen des Satzes 1 Nrn. 3 bis 5 ist die zuständige Polizeibehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) 1Werden Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte eines anderen Landes nach Absatz 1 tätig, so haben sie die gleichen Befugnisse wie die des Landes Niedersachsen. 2Ihre Maßnahmen gelten als Maßnahmen derjenigen Polizeibehörde, in deren örtlichem und sachlichem Zuständigkeitsbereich sie tätig geworden sind; sie unterliegen insoweit auch deren Weisungen.

(3) 1Die Absätze 1 und 2 gelten für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte des Bundes entsprechend. 2Das Gleiche gilt für Bedienstete ausländischer Polizeibehörden und -dienststellen, wenn völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder das für Inneres zuständige Ministerium Amtshandlungen dieser Polizeibehörden oder -dienststellen allgemein oder im Einzelfall zustimmt.

§ 104
Amtshandlungen von niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landes Niedersachsen

(1) 1Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte des Landes Niedersachsen dürfen im Zuständigkeitsbereich eines anderen Landes oder des Bundes nur in den Fällen des § 103 Abs. 1 Satz 1 und nur dann, wenn das jeweilige Landesrecht oder das Bundesrecht es vorsieht, sowie im Fall des Artikels 91 Abs. 2 des Grundgesetzes tätig werden. 2§ 103 Abs. 2 gilt entsprechend. 3Sie dürfen ferner im Zuständigkeitsbereich ausländischer Polizeibehörden oder -dienststellen tätig werden, wenn es das Recht des jeweiligen Staates vorsieht.

(2) 1Einer Anforderung von Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamten des Landes Niedersachsen durch ein anderes Land oder den Bund ist zu entsprechen, soweit nicht deren Verwendung im Zuständigkeitsbereich des Landes Niedersachsen dringender ist als die Unterstützung der Polizei des anderen Landes oder des Bundes. 2Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrags enthalten.

Z e h n t e r   T e i l
Kosten; Sachleistungen

§ 105
Kosten

(1) Die Kosten, die den Verwaltungsbehörden und der Polizei bei Aufgaben der Gefahrenabwehr entstehen, trägt die Körperschaft, deren Behörde für die Erfüllung der Aufgaben zuständig ist.

(2) Die Kosten, die den Gemeinden und Landkreisen nach diesem Gesetz entstehen, werden im Rahmen des Finanzausgleichs gedeckt.

(3) 1Die Kosten, die der Polizei durch Leistung von Vollzugshilfe entstehen, sind von der ersuchenden Behörde zu erstatten. 2Dies gilt nicht, wenn es sich um eine Landesbehörde handelt. 3Nicht zu erstatten sind Kosten unter 25 Euro, Personalkosten, Schulungskosten sowie Kosten für Aufgaben, für die die Verwaltungsbehörden nicht zur Bestellung eigener Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamten berechtigt sind, es sei denn, dass die Kosten von einer Dritten oder einem Dritten erhoben werden können.

(4) Sind mit der Tätigkeit der Verwaltungsbehörden oder der Polizei Einnahmen verbunden, so fließen sie dem Kostenträger zu.

§ 106
Sachleistungen

(1) 1Die Polizeidirektionen können zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben notwendige Leistungen entsprechend § 2 des Bundesleistungsgesetzes in der Fassung vom 27.September 1961 (BGBl. I S.1769), zuletzt geändert durch Artikel 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung vom 5.April 2002 (BGBl. I S.1250), anfordern. 2Sie können auch zur Durchführung polizeilicher Übungen, die vom für Inneres zuständige Ministerium angeordnet worden sind, notwendige Leistungen im Umfang des § 71 Abs. 1 bis 3 und des § 72 Satz 1 des Bundesleistungsgesetzes anfordern. 3Für die Durchführung solcher polizeilichen Übungen gelten ferner die §§ 66 und 68 bis 70 des Bundesleistungsgesetzes. 4Die Leistungen dürfen nur angefordert werden, wenn der Bedarf auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln gedeckt werden kann. 5Leistungspflichtig sind die in § 9 Abs. 1 und § 74 des Bundesleistungsgesetzes bezeichneten Personen.

(2) Für die rechtlichen Wirkungen einer Leistungsanforderung gelten die §§ 11 bis 14 des Bundesleistungsgesetzes entsprechend.

§ 107
Entschädigung für Sachleistungen

(1) 1Entstehen durch die Anforderung von Leistungen nach § 106 Abs. 1 Vermögensnachteile, so hat das Land auf Antrag eine Entschädigung in Geld zu leisten. 2Für die Bemessung und Zahlung der Entschädigung finden die §§ 20 bis 23, 25, 26, 28 bis 32, 34 und 76 bis 78 des Bundesleistungsgesetzes entsprechende Anwendung.

(2) Für das Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung gelten die §§ 49 bis 55, 58, 61 und 62 des Bundesleistungsgesetzes entsprechend.

§ 108
Verletzung der Leistungspflicht

1Ordnungswidrig handelt, wer eine nach § 106 Abs. 1 angeforderte Leistung nicht, nicht vollständig, nicht ordnungsgemäß oder nicht rechtzeitig erbringt oder einer ihm auferlegten Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwiderhandelt. 2Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. 3Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Polizeidirektionen.

E l f t e r   T e i l
Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 109
Zuständigkeiten, Verwaltungsakte und Verordnungen nach bisherigem Recht

(1) Zuständigkeitsregelungen, Verwaltungsakte und Verordnungen nach bisherigem Recht bleiben solange unberührt, bis sie durch Regelungen auf Grund dieses Gesetzes oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften ersetzt werden.

(2) 1In Verordnungen im Sinne des § 15 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die vor dem 1. Januar 1975 erlassen und danach nicht geändert worden sind, tritt an die Stelle der bisherigen Zwangsgeldandrohung die Verweisung auf § 59 dieses Gesetzes. 2Das Gleiche gilt, soweit Verordnungen auf die Bußgeldvorschrift in § 22 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung vom 31.März 1978 (Nds.GVBl. S.279) oder in § 37 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17.November 1981 (Nds.GVBl. S.347) verweisen.

§ 110
Zuständigkeit in Altversorgungsfällen

(1) 1Die nach dem 1.April 1951 fällig werdenden Versorgungsbezüge der früheren Vollzugsbeamten der Schutzpolizei, der Gendarmerie und der Kriminalpolizei, deren Versorgungsansprüche vor dem 1.April 1946 im Dienste des Reichs, eines früheren Landes oder einer Gemeinde entstanden sind und die ihren letzten dienstlichen Wohnsitz vor diesem Zeitpunkt im Gebiet des Landes Niedersachsen gehabt haben, sowie die Bezüge für die Hinterbliebenen dieser Beamten werden vom Land getragen. 2Sie sind weiterhin von den bisher zuständigen Stellen zu zahlen. 3Sind dies Gemeinden oder an ihrer Stelle Versorgungskassen, so erstattet das Land die gezahlten Bezüge in voller Höhe. 4Die nach dem 1.April 1951 fällig werdenden Versorgungsbezüge aus Versorgungsfällen von Polizeibeamten und ihren Hinterbliebenen, die bei den Polizeiausschüssen in der Zeit vom 1.April 1946 bis zum 31.März 1951 eingetreten sind, werden vom Land getragen.

(2) Die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde wird vom für Inneres zuständige Ministerium, die Zuständigkeit des früheren Reichsministers der Finanzen vom Finanzministerium ausgeübt.

§ 111
Erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen Beschuldigte

Gegen Beschuldigte findet § 15 keine Anwendung, solange § 81b der Strafprozessordnung gegen diese Personen Maßnahmen zu Zwecken des Erkennungsdienstes zulässt.

§ 112
- aufgehoben -

§ 113
- aufgehoben -

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Schule und Recht in Niedersachsen (www.schure.de)