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Vereinbarung gemäß § 81 NPersVG zur Steigerung der Europakompetenz und internationaler Erfahrungen in der niedersächsischen Landesverwaltung
Bek. d. MI v. 27.9.2011 - 12.36-03082-03-03 (Nds.MBl. Nr.35/2011 S.656)

Hiermit wird die Vereinbarung gemäß § 81 NPersVG zur Steigerung der Europakompetenz und internationaler Erfahrungen in der niedersächsischen Landesverwaltung zwischen der LReg und den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften vom 15.9.2011 bekannt gemacht (Anlage).


Anlage

Vereinbarung zur Steigerung der Europakompetenz und internationaler Erfahrungen in der niedersächsischen Landesverwaltung
vom 15. 9. 2011

Zwischen
der Niedersächsischen Landesregierung, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport,
- einerseits -
und
dem Niedersächsischen Beamtenbund und Tarifunion - NBB -,
dem Deutschen Gewerkschaftsbund - Bezirk Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt
- andererseits -
wird gemäß § 81 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) i.d.F. vom 22.1.2007 (Nds.GVBl. S.11), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 30.6.2011 (Nds.GVBl. S.210), folgende Vereinbarung geschlossen:

1. Präambel

Seit Einführung der Europaqualifikation in der Landesverwaltung vor mehr als elf Jahren haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert. Die Europäische Integration sowie die Internationalisierung Niedersachsens sind mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Arbeit in der Landesverwaltung weiter vorangeschritten. Aufgrund der wachsenden Bedeutung, die Politik und Rechtsetzung der Europäischen Union heute für Landespolitik und -verwaltung haben, sind die Anforderungen an die europarechtliche und europapolitische Kompetenz der Beschäftigten in der Landesverwaltung stetig gestiegen. Darüber hinaus werden in immer stärkerem Maße internationale Erfahrungen sowie interkulturelle Kompetenz benötigt.

Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung die Qualifizierungsoffensive weiterentwickelt und am 9.6.2009 die Neuausrichtung der Qualifizierungsoffensive für Europa beschlossen. Diese Vereinbarung soll der dienstrechtlichen Umsetzung der von der Landesregierung beschlossenen Neuausrichtung der Qualifizierungsoffensive dienen.

2. Grundsätze und Ziele

Der Erwerb von Europakompetenz und internationaler Erfahrung ist ein wichtiger Bestandteil der ressortübergreifenden Personalentwicklung. Das bewährte Qualifizierungskonzept soll an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden. Es soll insoweit neu ausgerichtet werden, als neben die Grundqualifikation sowie neben die Qualifikation von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen eine Qualifikation der Beschäftigten, die in Bereichen mit besonderem Auslands- oder Europabezug arbeiten, treten soll.

Aufbauend auf die breit angelegte Grundqualifizierung werden sich alle weiteren Qualifizierungsmaßnahmen zukunftsorientiert mehr an den fachlichen Anforderungen des Dienstpostens oder Arbeitsplatzes sowie an dem Bedarf der zu qualifizierenden Beschäftigten ausrichten. Dies liegt im Interesse der Beschäftigten an zielgerichteter Fortbildung und fördert ihre funktions- bzw. europabezogene Qualifizierung. Neben einer verstärkten Berücksichtigung im Rahmen der Ausbildung wird die Europakompetenz durch Fortbildung und praktische Erfahrung intensiviert.

Ziel ist es, eine verstärkte Auseinandersetzung der Behörden und Dienststellen in der Landesverwaltung mit der europäischen und internationalen Dimension ihrer Arbeitsbereiche zu erreichen. Außerdem soll der Anreiz für die Beschäftigten erhöht werden, sich europarechtlich und europapolitisch fortzubilden sowie europäische und internationale Erfahrungen durch Praktika und Arbeitseinsätze auch außerhalb der Landesverwaltung zu sammeln.

3. Geltungsbereich

Die Regelungen gelten für die unmittelbare Landesverwaltung mit Ausnahme der Landtagsverwaltung, des Landesrechnungshofs und der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz. Für die Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gelten gesonderte Regelungen. Für die Lehrkräfte und das pädagogische Personal an Schulen werden unter Berücksichtigung der dort bestehenden spezifischen Gegebenheiten besondere Regelungen im Sinne dieser Vereinbarung getroffen.

Diese Vereinbarung gilt grundsätzlich für Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 2 und Beschäftigte der entsprechenden Entgeltstufen des Landes sowie für alle Beschäftigten, die in Bereichen mit besonderem Auslands- oder Europabezug arbeiten.

4. Module der Europaqualifikation

Die Erlangung der Europakompetenz erfolgt durch verschiedene Qualifikationsformen (Module). Sie beziehen sich auf unterschiedliche Zielgruppen und beschreiben Mindestanforderungen.

4.1 Grundqualifikation (Modul 1)

Zielgruppe für die Grundqualifikation sind grundsätzlich Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 2 und Beschäftigte der entsprechenden Entgeltstufen.

Das erste Modul der Europakompetenz entspricht einer Grundqualifizierung. Sie erfolgt grundsätzlich durch Teilnahme an einem Europaseminar oder an einer vergleichbaren Fortbildungsveranstaltung.

4.2 Qualifikation von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen (Modul 2)

Zielgruppe der Qualifikation von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen sind Beamtinnen und Beamte und Beschäftigte des Landes insbesondere mit Dienstposten oder Arbeitsplätzen von Abteilungs- und Referatsleitungen bei den obersten Landesbehörden, die der Besoldungsgruppe A 16, einer Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung B oder bei Beschäftigten außertariflich bzw. Entgeltgruppe E 15 Ü zugeordnet sind. Soweit dies von der konkreten Aufgabenstellung her geboten ist, werden darüber hinaus entsprechende Leitungsfunktionen in nachgeordneten Behörden und in Landesbetrieben erfasst.

Die Qualifikation von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen setzt die Grundqualifikation voraus und erfordert grundsätzlich eine praktische Erfahrung von mindestens zwei Wochen in

a) öffentlichen oder anderen Einrichtungen im europäischen oder außereuropäischen Ausland oder
b) zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen, vorzugsweise im Ausland.

Die Qualifizierungsmaßnahme kann auch in zeitlich getrennte Abschnitte aufgeteilt werden. Anstelle der praktischen Auslandserfahrung kann eine theoretische Unterweisung in Betracht kommen, wenn diese einen höheren Nutzen für die Erledigung der Dienstaufgaben erwarten lässt.

Bei einem Dienstposten- oder Arbeitsplatzwechsel von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen gilt der einmal erbrachte Nachweis der Europaqualifikation grundsätzlich auch für das neue Aufgabengebiet.

Soweit diese Qualifikation aus Kapazitäts- oder Haushaltsgründen nicht bis zur Auswahlentscheidung erlangt werden kann, ist sie in angemessener Zeit (in der Regel sechs Monate) nachzuholen.

Für den Erwerb der Europakompetenz von Führungskräften in bestimmten Leitungsfunktionen sind weitere Qualifizierungswege möglich. Dazu gehören insbesondere:

- eine Mitarbeit in der Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU in Brüssel,
- ein Einsatz als nationale Expertin oder nationaler Experte in den Dienststellen der EU-Kommission,
- ein Auslandseinsatz bei internationalen Organisationen wie z.B. der OECD oder der UNICEF,
- andere geeignete Auslandspraktika im europäischen oder außereuropäischen Ausland, z.B. im Rahmen von Austauschprogrammen,
- eine langjährige praxisbezogene Erfahrung bei der Betreuung internationaler Projekte mit Staaten der EU, mit potenziellen Beitrittsländern oder mit Drittstaaten,
- ein Einsatz als vom Bundesrat benannte Vertreterin oder benannter Vertreter der Länder in Beratungsgremien der EU,
- eine Tätigkeit bei internationalen Institutionen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland,
- eine Mitarbeit in den Europaabteilungen der Bundesministerien sowie in den für Europaangelegenheiten zuständigen Organisationseinheiten der Landesverwaltung.

4.3 Qualifikation für Personen in Verwendungen mit besonderem Auslands- und Europabezug (Modul 3)

Zielgruppe dieser speziellen Qualifikation sind Beschäftigte, die Dienstposten oder Arbeitsplätze mit einem ganz besonderen Auslands- oder Europabezug wahrnehmen oder wahrnehmen sollen.

Die Personen in Verwendungen mit besonderem Auslands- und Europabezug sollen durch einen zusätzlichen Auslandsaufenthalt oder durch spezifische Fortbildungsmaßnahmen im Inland (z.B. Sprachkurse, Seminare zum Erwerb von Spezialwissen, Abordnung an eine Fachabteilung der oberen und obersten Bundesbehörden) besonders gefördert werden.

Dieses Modul baut nicht auf den anderen Modulen auf. Qualifizierungsmaßnahmen in diesem Qualifizierungsmodul können jederzeit und unabhängig von Maßnahmen in den anderen Modulen durchgeführt werden.

4.4 Zuständigkeit und Verfahren

Die oberste Dienstbehörde entscheidet über die erforderlichen und geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen zum Erreichen der Kompetenz i.S. v. Nr. 4.2 und 4.3. Die Auswahl geeigneter Qualifizierungsmaßnahmen erfolgt unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des Ressorts, der fachlichen Anforderungen des Dienstpostens oder Arbeitsplatzes sowie des Bedarfs der zu qualifizierenden Beschäftigten. Der Fortbildungsbedarf i.S. d. Ziffern 4.2 und 4.3 wird von der obersten Dienstbehörde kontinuierlich ermittelt.

Darüber hinaus entscheidet die oberste Dienstbehörde für ihren Geschäftsbereich über die Zuordnung von Dienstposten und Arbeitsplätzen zu Bereichen mit besonderem Auslands- und Europabezug nach Nr. 4.3 dieser Vereinbarung. Die Ressorts werden Bereiche im Sinne dieses Moduls identifizieren und werden in eigener Zuständigkeit zielgenaue Qualifizierungsmaßnahmen durchführen.

Die Beteiligungsrechte der zuständigen Personalvertretungen nach dem NPersVG bleiben unberührt.

5. Nachweis der Europakompetenz bei der Besetzung von Leitungsfunktionen

Bei Auswahlentscheidungen zur Besetzung von den in Nr. 4.2 genannten Leitungsfunktionen kommt der Europakompetenz eine herausgehobene Bedeutung im Rahmen von Eignung und Befähigung zu. Die vorgenannten Dienstposten oder Arbeitsplätze dürfen deshalb grundsätzlich nur mit Bewerberinnen oder Bewerbern besetzt werden, die Europakompetenz oder internationale Erfahrung im Sinne der Nr. 4.2 dieser Vereinbarung nachweisen können oder die die entsprechende Qualifikation in angemessener Zeit (in der Regel sechs Monate) nachholen.

Ausnahmen hiervon kann im Einzelfall die zuständige oberste Dienstbehörde im Benehmen mit der Staatskanzlei zulassen, wenn der zu besetzende Dienstposten oder Arbeitsplatz von seiner Aufgabenstellung her keine europarechtlichen oder europapolitischen Bezüge aufweist.

Die noch nicht durchgeführte Qualifizierung darf nicht dazu führen, dass eine Berücksichtigung bei der Besetzung entsprechender Dienstposten und Arbeitsplätze unterbleibt.

6. Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Beschäftigten, die Kinder zu betreuen oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben, und Teilzeitbeschäftigten soll die Teilnahme an Maßnahmen der Europaqualifizierung ermöglicht werden. § 6 Abs. 5 und § 14 Abs. 4 des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes sind zu beachten.

Sofern die familiäre Situation in besonderen Einzelfällen eine Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen im Sinne dieser Vereinbarung nicht gestattet, ist anzustreben, diese möglichst ortsnah durchzuführen, z.B. durch Einsatz in einem Aufgabenbereich mit Europabezug in einer Landesbehörde oder theoretische Unterweisungen.

7. Besondere Regelungen für schwerbehinderte Menschen

Sollte Beschäftigten eine Qualifizierungsmaßnahme im Sinne dieser Vereinbarung aufgrund ihrer Schwerbehinderung nicht zumutbar sein, so sind geeignete andere Maßnahmen zur Erlangung der Europaqualifikation vorzusehen.

8. Gestaltung der Ausschreibungen

In die Ausschreibungstexte für Dienstposten und Arbeitslätze im Sinne dieser Vereinbarung ist als zusätzliches Anforderungskriterium die Europakompetenz oder internationale Erfahrung nach Maßgabe dieser Vereinbarung aufzunehmen.

In der Ausschreibung darf der Hinweis nicht fehlen, dass die entsprechende Qualifikation in angemessener Zeit (in der Regel sechs Monate) nachgeholt werden kann.

9. Kündigung

Diese Vereinbarung kann von jedem der Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden. Das Aufhebungsrecht der Landesregierung nach § 81 Abs. 4 NPersVG bleibt hiervon unberührt.

10. Inkrafttreten

Diese Vereinbarung tritt am 1.10.2011 in Kraft. Mit dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung tritt die Vereinbarung über die Berücksichtigung von Europakompetenz und internationaler Erfahrung bei der Besetzung von Führungspositionen in der niedersächsischen Landesverwaltung vom 10.7.2002 außer Kraft.

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